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und im Fall der Noth fürträglich seyn mag, daß ein jeder Churfürst, Fürst und Stand in guter Bereitschaft sitze, auch in seinen Fürstenthumen, Landen, Herrschafften, Oberteilen und Gebieten solche embsige Versehung thue, daß er und die Seinen dannoch dermassen gefast, damit sie sich unversehens Uberfalls selbst etwas zu entschütten und sich ein jeder dermassen mit den Seinen anzustellen und in die Sache zu richten, auf daß er und die Seinen in solchen Nothfällen zusammen lauffen und gegen die Versammlungen eines jeden Kriegs-Volcks seinen Genachbarten fürderliche und fürträgliche Rettung leisten und hinwieder von andern tröstlichen Beystand und Entsatzung erwarten möge. Indem weiter ein jeder Stand und Genachbarte, auch andere weitgesessene Oberkeiten einander mit rechten, guten, wahren und gantzen Treuen meynen, halten und fördern sollen, auch in solcher guten Correspondentz, Verständnuß und Verwandnüß stehen, daß je einer, was er verständigt oder vernimmt, so dem andern zu Beschwerden und Nachtheil fürgehen möchte, desselbigen zu dem fürderlichsten verwarne, auch für sich selbst seines besten Verstands und Vermögens vor dem, ehe die Sachen zu thätlicher Beschädigung gelangen, abzuwenden geneigt, gutwillig und beflissen sein soll.

§ 55. In dem allen sich jederzeit nach Gelegenheit der Sachen und Nothdurfft ein jeder dermassen freundlich und mitleydentlich gegen dem andern erweisen soll, wie ein jeder vermög der natürlichen, Völcker- und gemeinen Rechten, des H. Reichs Land-Frieden, Constitutionen, Ordnungen und Satzungen, auch Christlicher, brüderlicher Lieb zu thun schuldig und verbunden ist.

§ 56. Und damit obgesetzte Ordnung desto steiffer gehalten, auch die Stände und Unterthanen sich so viel mehr gewisser Sicherheit zu getrosten und des H. Reichs Land-Fried in mehr fürträgliche Würcklichkeit gestellt, so soll ferner zu einer beständigen Handhabung, Execution und würcklicher Vollnziehung desselbigen insonderheit in einem jeden Creyß ein Oberster durch die Ständ desselbigen Creyß erwählet werden, und zu eines jeden Creyß nach der Stände desselbigen Gelegenheit und Gefallen stehen, entweder einen Fürsten, der den Creyß zu beschreiben, oder einen andern fürnehmen Stand aus demselben Creyß oder sonst eine tügliche Person dem Creyß angenehm, auf den dieselbige Stände ein gut Vertrauen zu setzen, sampt etlichen Zugeordneten, auch wie viel Zugeordnete in einem jeden Creyß für nothwendig und gut angesehen, aus ihnen, den Creyß-Ständen, zu ziehen, anzunehmen und zu wählen.

§ 57. Und auf den Fall ein außschreibender Creyß-Churfürst, Fürst ober ein anderer fürnehmer Stand zu dem Ampt eines Obersten gezogen, so soll derselbig, der sich solches Ampts unternimmt, dem gemeinen Nutzen zu Gutem ohne Wartgelt oder Belohnung demselbigen vorseyn. Da aber ein Creyß ein sonderbahre Person ausserhalb der Creyß-Ständen zu solchem Ampt bestellen würde, mit demselbigen haben sie auch, wie sie mögen, zu überkommen. Gleicher Gestallt soll es mit den Zugeordneten auch gehalten werden, nemlich da in einem Creyß einer oder mehr Churfürsten, Fürsten oder Stände zugeordnet würden, daß die auch ohne Wartgeld diesem Ampt vorseyn. Da aber in einem Creyß aus den andern Ständen, als Prälaten, Grafen, Herren und Städten, Personen zugeordnet, sollen dieselben mit den Ihren, so sie aus ihrem Mittel darstellen, nach ihrer Gelegenheit überkommen.

§ 58. Und da ein Churfürst, Fürst oder anderer fürnehmer Stand in einem Creyß zu einem Obersten gezogen oder zugeordnet würde, und derselbig Churfürst, Fürst oder Stand den Sachen seines Ampts nicht eigener Person vorseyn könte oder wolte, derselbig Churfürst, Fürst oder Stand soll alsdann an seine Statt eine andere tapffere, tügliche, redliche, kriegserfahrne Person darstellen; und die Churfürsten, Fürsten oder Stände, so zu obgemeldten Aemptern in einen jeden Creyß gewählet oder fürgesetzt, auch diejenigen, so, wie jetzt angeregt, dieselbigen Churfürsten, Fürsten oder Stände an ihrer Statt verordnen möchten, oder auch derjenig, so ein Creyß seines Gefallens zu dem Amt des Obersten setzte oder bestellte, gleich alsbald auf den Gewalt und Befelch oder Ordnung ihres Thuns, und wes sie von wegen der Churfürsten, Fürsten oder Ständ in einem jeden Creyß zu verrichten Macht haben, wie dieses nachfolgend auch statuirt, gesetzt und bestimmt, und dann daß sie samtlich und sonderlich jeder in seinem Creyß in fürfallenben Sachen, was zur Erhaltung und Handhabung des Land-Friedens Noth und gut seyn würde, nach ihrer besten Verständnuß und Rath fürnehmen, handeln

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_352.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2016)