Seite:De Weerth Schnapphahnski 217.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

seien auch im höchsten Grade sinnlich gewesen, und trotzdem wären ihre Götter verschwunden und Niemand denke und Niemand glaube mehr an sie – – dummes Zeug! die Griechengötter leben bis auf den heutigen Tag.

O, ich habe das einem meiner alten Lehrer an der Nase angesehen. Am Morgen gab er uns nämlich den nüchternen protestantischen Religionsunterricht und dann war er ledern, zum verzweifeln. Steif wie ein Stockdegen stand er vor uns, seine Ohren waren länger als gewöhnlich, seine Gesichtsfarbe war bleiern fahl und die Worte haspelten sich aus seinem Munde los, wie ein dünner langweiliger Zwirnsfaden von einer unbeholfenen Spuhle – o, es war entsetzlich, wie man uns peinigte! Da kam der Abend; und derselbe Mann, der uns Morgens den Katechismus einpaukte, er schlug den Homer auf und las uns einen Gesang der Odüsse vor. Anfangs holprig und poltrig. Man merkte, daß der arme Mann erst das Christentum vergessen mußte, um ganz wieder Heide zu werden. Aber allmälig ging es besser, mit jeder Strophe gewann seine Stimme an Wohlklang. Es war, als wenn der ganze Mensch von Minute zu Minute anders geworden wäre. Der Rücken hörte auf steif zu sein, die Ohren wurden kleiner, sein Gesicht belebte sich,

Empfohlene Zitierweise:
Georg Weerth: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Tübingen 1849, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weerth_Schnapphahnski_217.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)