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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Geringere bürgerliche Händel zu entscheiden, waren 6 Tribunale eingesetzt, die aber niemals wichtig wurden, weil dem Verurtheilten von allen die Appellation an die höhern Gerichte und an die Ecclesia offen stand. Jeder führte seine Sache selbst, (Weiber, Kinder und Sklaven ausgenommen). Eine Wasseruhr bestimmte die Dauer von seiner und seines Anklägers Rede. Die wichtigsten bürgerlichen Händel mußten in 24 Stunden entschieden seyn.

Soviel von den bürgerlichen und politischen Anordnungen Solons, aber darauf allein schränkte sich dieser Gesetzgeber nicht ein. Es ist ein Vorzug, den die alten Gesetzgeber vor den neuern haben, daß sie ihre Menschen den Gesetzen zubilden, die sie ihnen ertheilen, daß sie auch die Sittlichkeit, den Karakter, den gesellschaftlichen Umgang mitnehmen, und den Bürger nie von dem Menschen trennen wie wir. Bey uns stehen die Gesetze nicht selten in direktem Widerspruch mit den Sitten. Bei den Alten standen Gesetze und Sitten in einer viel schöneren Harmonie. Ihre Staatskörper haben daher auch eine so lebendige Wärme, die den unsrigen ganz fehlt; mit unzerstörbaren Zügen war der Staat in die Seelen der Bürger gegraben.

Indessen muß man auch hier in Anpreisung des Alterthums sehr behutsam seyn. Fast durchgängig kann man behaupten, daß die Absichten der alten Gesetzgeber weise und lobenswürdig waren, daß sie aber in den Mitteln fehlten. Diese Mittel zeugen oft von

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_070.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)