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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

noch den lezten Funken von Kraft und Seelenadel lebendig erhielt, bis die Aufklärung auch diesen löschte, so war doch Griechenland in seiner mächtigsten Epoke der Siz des besseren Wissens. Aber die Griechische Kultur glich nicht der heutigen. Die ängstliche kalte Beleuchtung aller Gegenstände die den Menschen begeistern und zu edeln Handlungen entzünden können, hat sie herabgewürdigt, daß sie keinen Enthusiasmus mehr erweken können. Tugend und Größe ist analisirt worden: man hat sie mit dem Seziermesser zerstükt, weil man sie schon als todt betrachtete. Alles ist Wissenschaft geworden, und das Gedächtnis hat das Herz aus der Mode gebracht. Das ewige prometheische Feuer liegt nun unbenuzt; denn die Aufklärung hat iedem sein Lämpchen angestekt, das ihm durch das bischen Leben hilft. Jezt auch noch keimen in manchem Menschen große Gedanken auf, aber bei der Ausführung stößt ihn ieder Schritt an die eisernen Pfosten der Konvenienz. Heis steht oft ein kühner männlicher Entschlus vor seiner Seele, aber ein unübersehbares Heer von Umständen verschwört sich gegen ihn. Wohlstand, Schiklichkeit, Schlendrian, Regelmäßigkeit – wie giebt man die erbärmliche Kraft dieser Worte wenn man die Sprache der Griechen und Römer reden will? – stellen sich in seinen Weg, und er fühlt sich mit kaltem Wasser übergossen. Daher kömmt es daß mancher, geboren ein großer Mann zu werden, entsagte allen hohen Planen und Idealen die seine Seele füllten, handelte wie die kleinen Menschen um ihn her,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_011.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)