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den Entwurf der Eheakte unterzeichnet hatte, da war der Verspruch gethan, und Claus Lembeck sagte wohlgefällig: „Mögen gräflicher Notarius und der Priester nun das Letzte thun!“

Frau Wulfhild stand mit gerötheten Wangen und glänzenden Augen inmitten des Gemaches, zwei Finger ihrer weißen Hand in der des jungen Ritters; als aber itzt die Männer sich verabschieden wollten, neigte sie sich zu dem jungen und sagte leise. „Den Kuß nun, den Verlobungskuß, Rolf Lembeck!“ Als aber der Kuß gegeben und genommen war, ergriff sie heftig seine beiden Hände, und sich aufrichtend, fast mit ihm zu gleicher Höhe, sah sie mit ihren blauen Gluhaugen in die seinen: „Ihr war’t im Reich, Rolf Lembeck!“ rief sie, und wie aus heißer Leidenschaft klang es herauf: „Der Frauendienst soll dort noch spuken gehen; ich aber will mir den Gemahl allein! Verflucht die Lippen, die ein ander Weib berühren!“

Rolf Lembeck war schier erschrocken; doch als er sie in ihrer wilden Schöne vor sich sah, da riß er sie an sich und küßte sie inbrünstiglich und rief. „Das mag ums Leben gehen, Wulfhild!“

Der Alte aber sprach in sich selber. „Das ist ein wohlgefestet Werk.“

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Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_115.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)