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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Balder. Für so böse kannst Du Heimdal halten, daß es ihn trösten könne, Dich beleidigt zu haben!

Mimer. In so ferne dieser Zug bleibend in seinem Charakter wäre, freylich nicht; aber als vorübergehend, ist er auch bey einem sehr guten Menschen möglich. Heimdal ist in dem Zustand des Erwachens seiner Kräfte, er übte sie und die ersten Versuche gelangen. Er fühlt daß noch viel für ihn zu erringen ist, und strebt immer nach neuen Eroberungen für seinen Geist, ohne auf die sichre Behauptung der bereits gemachten, zu denken, und wer ihm die Ungewißheit seiner für ausgemacht anerkannten Wahrheiten zu zeigen sucht, den sieht er, beynahe unwillkührlich, als einen Verhinderer seiner fernern Eroberungen an. Wem sein Unmuth darüber ganz gleichgültig schiene, den hielte er für einen Menschen, dem an seiner Achtung gar nichts gelegen wäre, und könnte ihn daher nie lieben. Es ist dieß ein allgemeines Schicksal eines jeden Menschen, wenn er anfängt selbstständig zu werden, nur bey jedem nach seinem ursprünglichen Charakter anders modificirt. Am wenigsten bricht dieser Unwille bey denen aus, welchen die Natur eine blühende Phantasie gab, wie sie Dir, Balder, verlieh. Heimdaln treibt jetzt noch etwas

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_059.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)