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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Antwort als den letzten Grund ansehen, bey dem wir uns zufrieden geben können.“ – Das kömmt mir auch so vor. – „Glaubst du wirklich, daß dieses Wollen und dieses Bestreben eine allgemeine Eigenschaft der Menschen sei, daß sie nämlich alle beständig im Besiz des Guten zu sein wünschen? Oder wie meinst du?“ – Nach meinem Urtheil ist es etwas allgemeines. – „Wie nun, Sokrates, warum sagen wir nicht von allen, daß sie lieben, da doch alle einerlei Gegenstand lieben, die Glükseligkeit, und zwar immer? Warum sagen wir nur von einigen daß sie lieben, und von andern nicht?“ – Das kömmt mir selbst wunderbar vor. – „Du darfst dich darüber eben nicht wundern. Es kommt nur daher, daß wir von dem Gattungsbegriff Liebe[1], eine gewisse Art derselben absondern, und die Benennung der ganzen Gattung von dieser Art vorzugsweise brauchen, während wir die andern Arten mit andern Namen bezeichnen.“ – Zum Beispiel? – „Eben so wie das Wort Dichtkunst. Du weißt, daß Dichten[2] seiner ursprünglichen

  1. Hier tritt wieder mit dem Wort Liebe dieselbe Schwierigkeit in der Uebersetzung ein, die schon oben (S. 200.) bemerkt worden ist.
  2. Dies teutsche Wort entspricht wirklich dem Griechischen, inwiefern es diese weitere Bedeutung in der älteren Sprache hatte.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_343.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)