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spöttisch lachend. Ich schwieg. Ich hatte die Empfindung, schon viel zu viel von mir selbst verraten zu haben. Der Dichter, bemüht, zwischen mir und dem Mädchen zu seinen Füßen eine Brücke zu bauen, lenkte ein: „Seien Sie ihr nicht böse. Sie ist viel besser, als sie sich gibt, und mit der borstigen Außenseite will sie nur das allzu Weiche ihres Inneren verstecken.“

„Sie will?!“ Juliane Déry sprang auf und wühlte mit nervösen schmalen Fingern, die merkwürdig wenig zu der kurzen breiten Hand und dem vulgären Handgelenk paßten, in ihrem wirren Haarschopf. „Sie will gar nicht. Aber zuweilen muß sie. Und das Müssen widert sie an. Nicht verbergen, bloßlegen, was ihr im Innern lebt – ganz nackt und bloß –, daß Ihr guten anständigen Leute eine Gänsehaut kriegt, das will sie, – das wollen wir alle, die wir jung sind, und dem Leben dienen, und keinem toten Götzen.“ Mir stieg das Blut in die Schläfen. Das Zimmer hatte sich gefüllt. Wie konnte man vor all diesen fremden Menschen die Pforten seiner Seele aufreißen, dachte ich, und doch beneidete ich sie, weil sie es konnte.

Sie hatte einen Funken ins Pulverfaß geschleudert. Eine allgemeine Unterhaltung über das Wollen und Können der Jungen entspann sich, bei der die scheinbar ruhigsten Menschen in leidenschaftliche Erregung gerieten, – jene Erregung, die immer verrät, daß der Kampf aufhört, objektiv geführt zu werden. Ich hörte mit steigendem Erstaunen zu. Verteidigten sie nicht im Grunde ihre persönliche Ruhe, wenn sie mit Keulen auf alle diejenigen losschlugen, die die Wahrheit vom Leben verkündigten?

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Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/473&oldid=- (Version vom 31.7.2018)