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Elftes Kapitel


„Wissen Sie das Neuste!“ rief mir eine meiner Konkurrentinnen auf dem Kampfplatz weiblicher Eitelkeit zu, als wir gerade in der Quadrille einander gegenüber standen; „Prinz Hellmut ist – krank und hat sich auf ein Jahr beurlauben lassen,“ – dabei lächelte sie, halb triumphierend, halb schadenfroh, wie eben nur eine Frau lächeln kann.

„Ich weiß, er trug sich schon lange mit diesem Plan,“ antwortete ich mit vollkommener Ruhe.

An dem Abend tanzte ich bis zur Erschöpfung und hatte für alle ein liebenswürdiges Wort, einen koketten Blick, so daß die Kotillonsträuße auf meinem Schoß sich häuften wie noch nie. Als ich aber zu Hause am offenen Fenster stand und die würzige Märzluft das schwüle Zimmer mit einer Ahnung neuen Frühlings füllte, warf ich mit einem Gefühl des Ekels das glitzernde Ballkleid, die künstlichen Rosen, die seidenen Schuhe von mir.

„Ich kann nicht mehr,“ sagte ich zu mir selbst; alles erinnerte mich hier an die Vergangenheit, jeden Blick, jedes Lächeln empfand ich, als ob schmutzige Hände mich betasteten. Ich mußte fort, weit fort!

Es kostete mich nur geringe Mühe, meine Eltern zu bewegen, mich verreisen zu lassen. Die gesellschaftlichen

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Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/308&oldid=- (Version vom 31.7.2018)