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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

bei der Ausführung der bestgeplanten Verbrechen irgendeine Dummheit begehen, die ihnen dann verhängnisvoll wird. Aber das habe ich noch nie gehört, daß ein intelligenter Verbrecher einen Plan entwirft und ausführt, der von Anfang bis zu Ende nichts weiter ist als eine einzige riesige Dummheit. Der größte Trottel hätte sich nicht dümmer benehmen können.“

„Aber wenn Sie nicht nach Baden-Baden gefahren sind, um Ihre Schwiegermutter zu ermorden, weshalb sind Sie denn nach Baden-Baden gefahren? Und wozu die Vermummung? Sie schweigen. Was kann Ihr Schweigen anders bedeuten, als daß Sie sich schuldig fühlen?“

„Oh, mir scheint, es könnte auch etwas anderes bedeuten.“

„Möchte wissen, was. Und dann noch eins: Sie haben schon früher einmal den Versuch gemacht, Ihre Schwiegermutter aus dem Wege zu räumen.“

„Wahrhaftig? Bei welcher Gelegenheit?“

„In Paris. Als Sie im Oktober mit Ihrer Frau und Ihrer Schwägerin im Hotel Regina waren, haben Sie Ihrer Schwiegermutter nach Baden-Baden telegraphiert, sie solle sofort nach Paris kommen, ihre Tochter Olga sei erkrankt. Sie haben das Telegramm, damit Ihre Handschrift nicht erkannt werden könnte, mit Majuskeln geschrieben, und Sie haben das Telegramm mit dem Vornamen Ihrer Frau unterzeichnet. Ihre Frau wußte nichts von dem Telegramm. Und Ihre Schwägerin war gar nicht krank. Aber die alte Dame reiste natürlich sofort nach Paris, wo Sie wahrscheinlich beabsichtigt haben, sie irgendwo, vielleicht beim Ostbahnhof in einer menschenleeren Gegend, zu ermorden.“

„Das klingt ja sehr plausibel. In einer menschenleeren Gegend am Ostbahnhof. Sie sind wohl noch nie in Paris gewesen, Herr Untersuchungsrichter?“

„Nun, wenn nicht dort, dann irgendwo anders. Es werden noch genaue Nachforschungen im Hotel angestellt werden.“

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/62&oldid=- (Version vom 31.7.2018)