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haben müssen, so liegt darin nichts überraschendes, dasz sie durch ein langes Eintauchen in eine so starke Lösung des kohlensauren Salzes, wie die angewandte, verletzt oder getödtet werden und dasz dadurch ihr Aussehen gänzlich verändert wird. Eine Lösung von dieser Stärke lähmt bei der Drosera jede Bewegung, aber tödtet das Protoplasma nicht; eine noch stärkere Lösung verhindert die Zusammenballung des Protoplasma zu den gewöhnlichen kugligen Massen der gehörigen Grösze und diese werden, wenn sie auch nicht zerfallen, granulös und undurchsichtig. In nahezu derselben Weise bewirken auch heiszes Wasser und gewisse Lösungen (so z. B. von Natron- und Kali-Salzen) zuerst eine unvollkommene Art von Zusammenballung in den Zellen der Drosera; die kleinen Massen zertheilen sich später zur Bildung körniger oder breiiger brauner Substanz. Alle die vorstehend angeführten Versuche wurden an Blüthenstengeln gemacht; es wurde aber auch ein Stück von einem Blatte 30 Minuten lang in eine starke Lösung des kohlensauren Ammoniaks (ein Theil auf 109 Theile Wasser) eingelegt, und nun erschienen in allen Drüsen, welche vorher nur klare Flüssigkeit enthalten hatten, kleine kuglige Massen von Substanz.

Ich machte auch mehrere Versuche über die Wirkung des Dampfes der kohlensauren Salzlösung auf die Drüsen, will aber nur einige wenige Fälle mittheilen. Das abgeschnittene Ende des Stieles eines jungen Blattes wurde mit Siegellack bedeckt und das Blatt dann mit einer kleinen Prise kohlensauren Ammoniaks unter eine kleine Glasglocke gelegt. Nach 10 Minuten lieszen die Drüsen einen beträchtlichen Grad von Zusammenballung erkennen und das die Stielzellen auskleidende Protoplasma war ein wenig von den Wandungen gelöst. Ein anderes Blatt wurde 50 Minuten lang mit demselben Resultat eingelegt, ausgenommen, dasz die Haare in ihrer ganzen Länge bräunlich wurden. An einem dritten Blatte, welches 1 Stunde 50 Minuten dem Dampfe ausgesetzt wurde, fand sich viel zusammengeballte Substanz in den Drüsen; und einige von den Massen lieszen Anzeichen einer Zertheilung in braune körnige Substanz erkennen. Das Blatt wurde noch einmal in den Dampf gelegt, so dasz es ihm im Ganzen 5 Stunden 30 Minuten ausgesetzt wurde; und obschon ich eine grosze Anzahl von Drüsen untersuchte, fanden sich zusammengeballte Massen doch nur in zweien oder dreien; in allen übrigen waren die Massen, welche vorher kuglig gewesen waren, in braune, undurchsichtige, körnige Substanz umgewandelt. Wir sehen hieraus, dasz, wenn die Blätter eine ansehnliche Zeit lang dem Dampfe ausgesetzt werden, dies dieselben Wirkungen hervorbringt wie ein langes Eintauchen in eine starke Lösung. In beiden Fällen konnte kaum bezweifelt werden, dasz das Salz hauptsächlich oder ausschlieszlich von den Drüsen absorbirt worden war.

Bei einer anderen Gelegenheit wurden Stückchen feuchten Fibrins, Tropfen eines schwachen Aufgusses von rohem Fleisch und von Wasser 24 Stunden lang auf einigen Blättern gelassen; die Haare wurden dann untersucht, sie waren aber zu meiner Überraschung in keiner Hinsicht von andern verschieden, welche nicht mit diesen Flüssigkeiten in Berührung gekommen waren. Indessen enthielten die meisten Zellen hyaline, bewegungslose, kleine Kugeln, welche nicht aus Protoplasma zu bestehen

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_316.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)