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auch noch so wenig animale Substanz abgibt, so dient dieselbe, um Schiff's Ausdruck zu brauchen, als Peptogen, und die Drüsen an der Oberfläche ergieszen ihr saures Secret, welches wie der Magensaft der Thiere wirkt. Da so viele Versuche über die verdauende Kraft der Drosera angestellt worden waren, wurden nur einige wenige mit Dionaea gemacht: sie waren aber reichlich genügend, zu beweisen, dasz sie verdaut. Überdies ist diese Pflanze nicht so für Beobachtungen eingerichtet, wie Drosera, da der Procesz innerhalb der geschlossenen Lappen vor sich geht. Wenn Insecten, selbst Käfer, mehrere Tage lang der Einwirkung des Secrets ausgesetzt waren, sind sie in überraschender Weise erweicht, obschon ihre chitinhaltigen Hüllen nicht corrodirt sind.

1. Versuch. – Ein Eiweiszwürfel von 1/10 Zoll (2,54 Mm.) Seitenlänge wurde auf das eine Ende eines Blattes gelegt, auf das andere ein längliches Stückchen Gelatine 1/5 Zoll (5,08 Mm.) lang und 1/10 Zoll breit; dann wurde das Blatt zum Schlieszen gebracht. Nach 45 Stunden wurde es aufgeschnitten. Das Eiweisz war hart und zusammengedrückt, die Kanten nur ein wenig abgerundet; das Gelatinestückchen war zu einer ovalen Form corrodirt; beide waren in einer solchen Menge sauren Secrets eingetaucht, dasz es vom Blatt herabtropfte. Der Verdauungsprocesz ist allem Anscheine nach etwas langsamer als bei Drosera, und dies stimmt mit der Länge der Zeit überein, während welcher die Blätter über verdaulichen Gegenständen geschlossen bleiben.
2. Versuch. – Ein Stückchen Eiweisz von 1/10 Zoll im Geviert, aber nur 1/20 Zoll dick, und ein Stückchen Gelatine von derselben Grösze wurden auf ein Blatt gelegt, welches acht Tage später aufgeschnitten wurde. Die Oberfläche war ganz benetzt mit einem unbedeutend klebrigen, sehr sauren Secrete, und die Drüsen fanden sich sämmtlich in zusammengeballtem Zustande. Nicht eine Spur Eiweisz oder Gelatine war übrig geblieben. Ähnlich grosze Stücke waren zu gleicher Zeit auf feuchtes Moos in demselben Topfe gelegt worden, so dasz sie annähernd ähnlichen Bedingungen ausgesetzt waren; nach acht Tagen waren dieselben braun, im Zerfall begriffen und von Moderfasern bedeckt, waren aber nicht verschwunden.
3. Versuch. – Ein Stückchen Eiweisz, 3/20 Zoll (3,81 Mm.) lang und 1/20 Zoll breit und dick, und ein Stückchen Gelatine von derselben Grösze wie vorhin, wurden auf ein anderes Blatt gelegt, welches nach sieben Tagen aufgeschnitten wurde; nicht eine Spur von einer der beiden Substanzen war übrig geblieben, und nur eine mäszige Menge von Secret fand sich auf der Oberfläche.
4, Versuch. – Stücke von Eiweisz und Gelatine von derselben Grösze wie im letzten Experiment wurden auf ein Blatt gelegt, welches sich nach zwölf Tagen von freien Stücken öffnete; und hier wiederum war nicht eine Spur von beiden übrig, und nur ein wenig Secret fand sich an dem einen Ende der Mittelrippe.

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_273.jpg&oldid=- (Version vom 5.9.2019)