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des Stengels über 27 Zoll an Länge masz. Beide Flächen sind unbedeutend ausgehöhlt. Die obere Fläche ist mit, in abwechselnden Reihen angeordneten Tentakeln bedeckt; diejenigen in der Mitte sind kurz und dicht zusammengedrängt, diejenigen nach den Rändern zu sind länger, selbst zwei- oder dreimal so lang wie die Scheibe breit ist. Die Drüsen der äuszeren Tentakeln sind von einem viel dunkleren Roth als die der centralen. Die Stiele von allen sind grün. Die Spitze der Blattscheibe ist verschmälert und trägt sehr lange Tentakeln. Dr. Copland theilt mir mit, dasz die Blätter einer Pflanze, welche er einige Jahre lang hielt, allgemein mit gefangenen Insecten bedeckt waren, ehe sie verwelkten.

Die Blätter weichen in keinen wesentlichen Punkten der Structur oder der Function von denen der früher beschriebenen Species ab. Stückchen Fleisch oder ein wenig Speichel auf die Drüsen der äuszeren Tentakeln gebracht, verursachten gut ausgesprochene Bewegung in 3 Minuten, und Stückchen Glas wirkten in 4 Minuten. Die Tentakeln mit den letztern Körperchen streckten sich nach 22 Stunden wieder aus. An einem Stücke eines Blattes, welches in einige wenige Tropfen einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks in 437 Theilen Wasser eingetaucht war, waren in 5 Minuten alle Drüsen geschwärzt und alle Tentakeln eingebogen. Ein Stückchen rohen Fleisches auf mehrere Drüsen in der mittleren Furche gelegt, war in 2 Stunden 10 Minuten von den randständigen Tentakeln auf beiden Seiten ordentlich eingeschlossen. Stückchen gerösteten Fleisches und kleine Fliegen wirkten nicht ganz so schnell, und Eiweisz und Faserstoff noch weniger schnell. Eines der Stückchen Fleisch erregte so starke Absonderung (welche immer sauer ist), dasz das Secret eine Strecke weit die mittlere Furche hinabflosz und die Einbiegung der Tentakeln auf beiden Seiten verursachte, so weit es sich erstreckte. Stückchen Glas auf die Drüsen in der mittleren Furche gelegt, reizten dieselben nicht stark genug, dasz irgend ein motorischer Impuls zu den äuszeren Tentakeln gesandt worden wäre. In keinem Falle war die Scheibe des Blattes, selbst nicht die verschmälerte Spitze, irgendwie eingebogen.

Auf beiden Flächen der Blattscheibe, der oberen und unteren, finden sich zahlreiche minutiöse, beinahe sitzende Drüsen, welche aus vier, acht oder zwölf Zellen bestehen. Auf der unteren Fläche sind sie blasz purpurn, auf der oberen grünlich. Nahezu ähnliche Organe kommen auf den Blattstielen vor, sie sind da aber kleiner und häufig in einem verschrumpften Zustand. Die minutiösen Drüsen auf der Scheibe können rapid aufsaugen: so wurde ein Stück eines Blattes in eine Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks in 218 Theilen Wasser (1 Gran auf 1/2 Unze) eingetaucht, und in 5 Minuten waren sie alle so bedeutend gedunkelt, dasz sie beinahe schwarz waren, auch war ihr Zelleninhalt zusammengeballt. So weit ich es zu beobachten im Stande war, sondern sie nicht aus freien Stücken ab; aber in einer Zeit von zwischen 2 und 3 Stunden, nachdem ein Blatt mit einem Stückchen, mit Speichel angefeuchteten rohen Fleisches gerieben worden war, schienen sie reichlich abzusondern; und diese Schluszfolgerung wurde später noch durch andere Erscheinungen unterstützt. Sie sind daher mit den später zu beschreibenden sitzenden Drüsen an den Blättern von Dionaea und Drosophyllum homolog. In der letzt genannten Gattung sind sie, wie in dem vorliegenden

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_256.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)