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schlieszen, dasz die Drüsen zusammen mit den unmittelbar darunterliegenden Zellen der Tentakeln der ausschlieszliche Sitz der Reizbarkeit oder Empfindlichkeit sind, mit welchen die Blätter begabt sind. Der Grad, bis zu welchem eine Drüse gereizt ist, kann nur durch die Zahl der umgebenden Tentakeln, welche eingebogen werden, und durch die Grösze und Geschwindigkeit ihrer Bewegungen gemessen werden. Gleich lebenskräftige Blätter, derselben Temperatur ausgesetzt (und dies ist eine wichtige Bedingung) werden unter den folgenden Umständen in verschiedenen Graden erregt. Eine minutiöse Menge einer schwachen Lösung bringt keine Wirkung hervor; man füge mehr hinzu, oder gebe eine etwas stärkere Lösung, und die Tentakeln biegen sich. Man berühre eine Drüse ein- oder zweimal und keine Bewegung erfolgt; man bewege sie drei- oder viermal, und die Tentakeln werden eingebogen. Aber die Beschaffenheit der den Blättern gegebenen Substanz ist ein sehr wichtiges Element: wenn gleich grosze Stückchen Glas (welches nur mechanisch wirkt), von Gelatine und rohem Fleisch auf die Scheiben mehrerer Blätter gelegt werden, so verursacht das Fleisch eine viel schnellere, energischere und weiter verbreitete Bewegung, als die zwei erstern Substanzen. Auch ruft die Zahl der Drüsen, welche gereizt werden, eine grosze Verschiedenheit im Resultate hervor: man lege ein Stückchen Fleisch auf eine oder zwei der Scheibendrüsen und nur einige wenige der umgebenden kurzen Tentakeln werden eingebogen; man lege es auf mehrere Drüsen, und die Wirkung wird sich auf viel mehr erstrecken; man lege es auf dreiszig oder vierzig, und alle Tentakeln, mit Einschlusz der äuszersten randständigen, werden dicht eingebogen. Wir sehen hieraus, dasz die von einer Anzahl von Drüsen ausgehenden Impulse einander kräftigen, sich weiter verbreiten und auf eine gröszere Anzahl von Tentakeln wirken, als der Impuls von irgend einer einzelnen Drüse.

Übermittelung des motorischen Impulses. – In einem jeden Falle hat der von einer Drüse ausgehende Impuls mindestens eine kurze Strecke weit zu den basalen Theilen des Tentakels zu wandern, da der obere Theil und die Drüse selbst einfach durch die Einbiegung des untern Theiles bewegt werden. Der Impuls wird in dieser Weise immer nahezu die ganze Länge des Stieles hinab gesandt. Wenn die centralen Drüsen gereizt und die äuszersten randständigen Tentakeln eingebogen werden, so wird der Impuls quer durch den halben Durchmesser der Scheibe übermittelt; und wenn

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_212.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)