Seite:De Darwin Insectenfressende Pflanzen 113.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

seiner Cotyledonen von dunkelbrauner Färbung waren; im Ganzen giengen daher schlieszlich fünf von den sieben Samen zu Grunde.

Rettichsamen (Raphanus sativa) des vorhergehenden Jahres wurde auf drei Blätter gebracht, welche mäszig eingebogen wurden und sich am dritten oder vierten Tage wieder ausbreiteten. Zwei dieser Samen wurden auf feuchten Sand gebracht; nur einer keimte und dieser zwar sehr langsam. Der Sämling hatte ein äuszerst kurzes, verkrümmtes, krankes Würzelchen ohne absorbirende Haare; die Cotyledonen waren merkwürdig mit Purpur gefleckt, an den Rändern geschwärzt und zum Theil verwelkt.

Kressensamen (Lepidium sativum) des vorhergehenden Jahres wurden auf vier Blätter gelegt; zwei derselben waren am nächsten Morgen mäszig und zwei stark eingebogen; sie blieben so vier, fünf und selbst sechs Tage lang. Bald nachdem diese Samen auf die Blätter gelegt worden und feucht geworden waren, sonderten sie in der gewöhnlichen Weise eine Schicht zähen Schleimes ab; und um zu ermitteln, ob es die Absorption dieser Substanz durch die Drüsen war, welche eine so starke Einbiegung verursachte, wurden zwei Samen in Wasser gelegt und so viel Schleim als möglich von ihnen abgekratzt. Sie wurden dann auf Blätter gelegt, welche im Verlaufe von drei Stunden sehr stark eingebogen wurden und noch am dritten Tage dicht eingebogen waren; es war daher offenbar nicht der Schleim, welcher eine so starke Einbiegung verursachte; im Gegensatz, derselbe diente in einem gewissen Grade den Samen als Schutz. Zwei von den sechs Samen keimten, während sie noch auf den Blättern lagen, als aber die Sämlinge auf feuchten Sand transportirt wurden, starben sie bald ab; von den vier andern Samen keimte nur einer.

Zwei Samen vom Senf (Sinapis nigra), zwei vom Sellerie (Apium graveolens), beide vom vorigen Jahre, zwei gut ausgewässerte Kümmelsamen (Carum carvi) und zwei Weizenkörner reizten die Blätter nicht mehr, als es häufig unorganische Körper thun. Fünf, kaum reife Samen eines Ranunculus und zwei frische Samen von Anemone nemorosa brachten ein wenig mehr Wirkung hervor. Andrerseits bewirkten vier, vielleicht nicht völlig reife, Samen von Carex sylvatica, dasz die Blätter, auf welche sie gelegt wurden, sich sehr stark einbogen; und diese fiengen erst am dritten Tage an, sich wieder auszubreiten, eines blieb sogar sieben Tage lang eingebogen.

Aus diesen wenigen Thatsachen geht hervor, dasz verschiedene Arten von Samen die Blätter in sehr verschiedenem Grade erregen; es ist nicht klar, ob dies allein eine Folge der Beschaffenheit ihrer Hüllen ist. Was den Fall mit den Kressensamen betrifft, so beschleunigte eine theilweise Entfernung der Schicht Schleim die Einbiegung der Tentakeln. Sobald nun immer Blätter mehrere Tage lang über Samen eingebogen bleiben, so ist klar, dasz sie irgend welche Substanz aus ihnen absorbiren. Dasz das Secret die Samenhüllen durchdringt, geht auch aus dem groszen Verhältnis hervor, in dem Kohl-, Rettig- und Kressen-Samen getödtet wurden, ebenso wie aus der Thatsache, dasz mehrere der Sämlinge bedeutend verletzt waren. Diese Verletzung der Samen und Sämlinge dürfte indessen allein Folge der Säure des Secrets sein und nicht Folge irgend eines Verdauungsprocesses; denn Mr. Traherne Moggridge hat gezeigt, dasz sehr schwache Säuren der Essigreihe für Samen in hohem Grade

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_113.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)