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Auch die andern Bedingungen waren ungünstig, da es schon spät im Jahre war und die Blätter klein waren. Prof. Frankland übernahm es mit groszer Freundlichkeit, die in dieser Weise gesammelte Flüssigkeit zu prüfen. Die Blätter wurden durch reine Glasstückchen gereizt, welche 24 Stunden vorher auf sie gelegt wurden. Ohne Zweifel würde viel mehr Säure abgesondert worden sein, wenn die Blätter durch thierische Substanz gereizt worden wären; dies würde aber die Analyse schwieriger gemacht haben. Prof. Frankland theilt mir mit, dasz die Flüssigkeit keine Spur von Salzsäure, Schwefelsäure, Weinsteinsäure, Oxalsäure und Ameisensäure enthalte. Nachdem dies ermittelt worden war, wurde die übrige Flüssigkeit bis nahe zur Trockenheit abgedampft und mit Schwefelsäure sauer gemacht; es entwickelte sich dabei ein flüchtiger saurer Dampf, welcher verdichtet und mit kohlensaurem Silber digerirt wurde. »Das Gewicht des dabei erzeugten Silbersalzes betrug nur 0,37 Gr., eine viel zu kleine Quantität, um das Atomgewicht der Säure genau bestimmen zu können. Die erhaltene Zahl entsprach indessen nahezu der der Propionsäure; und ich glaube, dasz diese oder eine Mischung von Essig- und Buttersäure in der Flüssigkeit vorhanden war. Die Säure gehört ohne Zweifel zur Reihe der Essig- oder Fettsäuren.«

Prof. Frankland sowohl, als auch sein Assistent, beobachteten (und dies ist eine wichtige Thatsache), dasz die Flüssigkeit, »wenn sie mit Schwefelsäure angesäuert wurde, einen starken Geruch, ähnlich dem von Pepsin, entwickelte.« Auch die Blätter, von welchen die Absonderung abgewaschen worden war, wurden Prof. Frankland geschickt; sie wurden einige Stunden lang macerirt, dann mit Schwefelsäure angesäuert und destillirt; es gieng aber keine Säure über. Es musz daher die Säure, welche frische Blätter enthalten, wie sich durch die Färbung des Lackmus-Papiers beim Zerquetschen derselben zeigt, von einer verschiedenen Beschaffenheit sein von der, welche in dem Secret vorhanden ist. Auch entwickelten die Blätter keinen Geruch von Pepsin.

Obgleich es seit langer Zeit bekannt ist, dasz Pepsin mit Essigsäure die Fähigkeit hat, eiweiszhaltige Zusammensetzungen zu verdauen, so erschien es doch rathsam, zu ermitteln, ob die Essigsäure ohne Verlust der verdauenden Kraft durch die verwandten Säuren ersetzt werden könne, von denen angenommen wurde, dasz sie in der Absonderung der Drosera vorkommen, nämlich Propionsäure, Buttersäure oder Valeriansäure. Dr. Burdon Sanderson war so freundlich, mir zu Gefallen die folgenden Versuche zu machen, deren Resultate ganz abgesehen von der vorliegenden Untersuchung werthvoll sind. Prof. Frankland verschaffte uns die Säure.

     »1. Der Zweck der folgenden Experimente war, die verdauende Thätigkeit von Pepsin enthaltenden Flüssigkeiten zu bestimmen, wenn sie mit gewissen flüchtigen, zu der Essig-Reihe gehörenden Sauren angesäuert wurden, im Vergleich mit Flüssigkeiten mit Salzsäure in einem Verhältnis angesäuert, welches dem im Magensafte vorhandenen ähnlich ist.«
     »2. Es ist empirisch festgestellt worden, dasz bei künstlicher Verdauung die besten Resultate erhalten werden, wenn eine Flüssigkeit angewendet wird, welche dem Gewichte nach zwei pro mille von salzsaurem Gas enthält. Dies entspricht ungefähr 6,25 Cubikcentimeter per Liter gewöhnlicher starker Salzsäure. Die Quantitäten von Propionsäure,

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_079.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)