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während die dritte Scheibe durchaus gar nicht afficirt wurde, obgleich die Tentakeln genau so dicht eingebogen waren, wie in den beiden vorhergehenden Fällen. Gewöhnlich erhebt sich auch oder biegt sich die ganze Scheibe aufwärts und bildet so einen kleineren Winkel mit dem Stiel als vorher. Dies erscheint auf den ersten Blick als eine bestimmte Art von Bewegung, aber sie geht aus der Einbiegung des Theils des Randes hervor, welcher an den Stiel befestigt ist, wodurch die Scheibe als ein Ganzes sich zu krümmen oder nach oben zu bewegen veranlaszt wird.

Die Länge der Zeit, während welcher die Tentakeln sowohl als die Scheibe über einen auf der letztern liegenden Gegenstand zusammen gebogen bleiben, hängt von verschiedenen Umständen ab; nämlich von der Lebenskraft und dem Alter des Blattes, und der Angabe Dr. Nitschke's zufolge, von der Temperatur, denn während kaltem Wetters, wenn die Blätter unthätig sind, strecken sie sich in einer früheren Zeit wieder aus, als wenn das Wetter warm ist. Aber die Beschaffenheit des fremden Körpers ist bei Weitem der wichtigste Umstand; ich habe wiederholt gefunden, dasz die Tentakeln eine durchschnittlich viel längere Zeit über Gegenständen zusammen geschlagen bleiben, welche auflösliche, stickstoffhaltige Substanzen darbieten, als über solchen, mögen es nun organische oder unorganische sein, welche keine solche Substanz hergeben. Nach einer von einem bis zu sieben Tagen variirenden Periode strecken sich die Tentakeln wieder aus und sind dann bereit, von Neuem in Thätigkeit zu treten. Ich habe dasselbe Blatt sich drei aufeinander folgende Male über Insecten biegen sehen, welche auf die Scheibe gelegt waren; und wahrscheinlich würde es noch öfter so gehandelt haben.

Die Absonderung der Drüsen ist auszerordentlich klebrig, so dasz sie in lange Fäden aufgezogen werden kann. Sie erscheint farblos, aber färbt kleine Kugeln von Papier blasz rosa. Ein Gegenstand irgend welcher Art verursacht, wie ich glaube, wenn er auf die Drüse gelegt wird, eine noch reichlichere Absonderung; aber schon die blosze Anwesenheit des Körpers macht es schwierig, dies festzustellen. In einigen Fällen jedoch war die Wirkung deutlich bemerkbar, so wenn Theilchen von Zucker dazu gethan wurden; das Resultat ist aber in diesem Falle wahrscheinlich eine Folge der Exosmose. Stückchen von kohlensaurem und phosphorsaurem Ammoniak und einigen andren Salzen, z. B. schwefelsaurem Zink, vermehren gleichfalls die Absonderung.

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_011.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)