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Parteistreitigkeiten zwischen Hüten und Mützen stets ein stiller Zuschauer geblieben, und die einzige Angelegenheit, welche ihn nach dem Tode seines Schwagers näher berührte, war eine Frage von durchaus untergeordneter Natur: die Regelung des Witthums seiner Schwester Ulrike[1]. Erst dadurch wurde der Nordische Thronwechsel auch für Preussen von der höchsten Bedeutung, dass Gustav damals gerade an dem Orte weilte, von welchem er die erste Anregung zu Plänen empfangen hatte, die mit einer Wiederaufrollung der „Nordischen Frage“ gleichbedeutend waren und seitens des Petersburger Hofes die schärfsten Gegenmassregeln hervorrufen, vielleicht sogar einen grossen Europäischen Völkerkrieg entfachen konnten, in den dann natürlich auch der mit Russland eng verbündete Preussische Staat nothwendig hineingezogen werden musste.

Die unter diesen Umständen am Berliner Hofe herrschende Stimmung spiegelte sich vortrefflich in der Instruction wieder, welche der zum Preussischen Gesandten in Stockholm neuernannte Gesandte Graf Dönhoff in jenen Tagen empfing. Zwar hiess es, wie in den früheren Erlassen an Cocceiji, so auch hier, der Graf solle einen besonders freundschaftlichen Verkehr mit Osterman pflegen; aber gleichzeitig wurde er davor gewarnt, den Eingebungen desselben, „der sich gewissermassen an der Spitze der Gegner des Hofes befindet,“ blindlings zu folgen, da der Preussische König zwar auf Grund seines Vertrages mit Russland eine Wiederherstellung der Souveränität in Schweden nicht dulden könne, aus verwandtschaftlichen Rücksichten aber den übrigen Bestrebungen seines Neffen nicht offen entgegenarbeiten wolle[2]. Mit anderen Worten: Friedrich wollte bei dem Parteienkampf in Schweden sich streng neutral verhalten; wenigstens so lange er hoffen durfte, dass sein Neffe auf dem Rückwege Berlin berühren und ihm Gelegenheit verschaffen werde, sich offenherzig über die Europäische Lage auszusprechen und nochmals die Nothwendigkeit einer Schonung Russlands darzuthun[3].

  1. Friedrich an Behnisch, 20. März: „Il n’y a que le réglément du douaire de la Reine auquel je m’intéresse et qui me tient à coeur. Les autres [affaires] ne m’importent guère pour le présent et les chipoteries des différents partis entre eux me sont tout-à-fait indifférentes“.
  2. Instruction vom 23. März. Auszüglich auch bei N. Tengberg, Konung Gustaf III’s första regeringstid. S. 24 (Lund, 1871).
  3. Friedrich an Ulrike, 5. April: „S’il [Gustave] passe ici et que j’aie
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_111.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)