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Eine Arbeit W. Bröcking’s über die Französische Politik Papst Leo’s IX.[1] liefert schätzenswerthe Beiträge zur Geschichte des Concils von Reims und anderer Zusammenkünfte, welche im Französischen Reiche zum Zweck der Ausrottung der Simonie und der Herstellung des Landfriedens stattfanden. – Die beiden dicken Bände Pater Ragey’s über den hl. Anselm v. Canterbury[2] haben wir früher wohl etwas zu günstig beurtheilt. Sie sind mehr eine Art Apologie als ein wirklich historisches Werk und die schon getadelte Weitschweifigkeit wirkt ermüdend. Auf die philosophische Seite seines Themas ist der Verfasser nicht besonders eingegangen. Und doch hätte S. Anselm dadurch nur gewonnen; denn während das grosse Publicum für die Kämpfe des berühmten Primas von England mit den zeitgenössischen Fürsten nur wenig Interesse besitzt, kennt doch jeder Gebildete, wenigstens dem Namen nach, zwei der Werke dieses hervorragenden Gelehrten, das Monologion und das Proslogion. – Weit mehr Neues und Interessantes bringt die Schrift Compain’s über Geoffroi de Vendôme[3]. Der leider frühzeitig verstorbene Autor entwirft ein anschauliches Bild von dieser eigenartigen, rechthaberischen und unruhigen Persönlichkeit. Geoffroi de Vendôme ist der vollendetste Typus jener Führer der grossen Mönchsorden, welche im 11. Jahrhundert das Papstthum in seinem Kampfe gegen die Staatsgewalt und auch den Weltklerus so eifrig unterstützten.

12. Jahrhundert. Vacandard’s Aufsatz über den hl. Bernhard und das Französische Königthum[4] schildert in anziehender Weise die Zwistigkeiten des Heiligen mit den Königen Louis VI. und Louis VII., welche die Freiheit der kirchlichen Wahlen beschränkten. – Von Galbert’s de Bruges Histoire du meurtre de Charles le Bon[5] ist eine neue Ausgabe durch H. Pirenne, Professor an der Universität Gent, veranstaltet worden. Der Text ist nach den bekannten Handschriften revidirt worden; am meisten Neues aber bieten die ebenso vollständigen wie genauen Anmerkungen. Noch nie ist dieses ungekünstelte, eigenartige Werk des Flämischen Chorherrn so sorgfältig studirt und nachgeprüft worden.

In einem kurzen Aufsatze[6] führt A. Saint Paul aus, wie Suger ungeachtet der Mahnungen des Reformators von Cîteaux den künstlerischen

  1. Vgl. Bibliogr. ’90, 112.
  2. Vgl. DZG V, 195 Note 3.
  3. Bibl. de l’école des hautes études, fasc. 86. Paris, Bouillon. 1891. xvj 296 p.
  4. Vgl. Bibliogr. ’91, 2213 m.
  5. Vgl. Bibliogr. ’91, 2199.
  6. Comité des travaux historiques, bulletin archéologique, 1890, Nr. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_434.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)