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keine Throncandidaten fixirt, Rudolf konnte nooh hoffen, in die etwaige Liste mitaufgenommen zu werden. Er wird keine Anhaltspunkte für diese Hoffnung bekommen haben. Beim Marburger Tag hatte es ihm noch der Mühe werth geschienen, in Person aufzutreten[1], aber gleich auf dem Mainzer Tag vom September blieb er weg und schickte nur seine Procuratoren[2]. Er will erst sehen, wie die Sachen gehen, ob er Aussichten habe, mit Einem Wort er mag sich nicht compromittiren, ohne dass es der Mühe werth ist, und für Ruprecht ein Verschwörer zu werden und zu bleiben gedachte er nicht. Die Aspirationen des Pfalzgrafen waren doch längst bekannt oder vermuthet, sowie auch der Plan einer Neuwahl überhaupt, obschon eine solche vom Bunde noch nicht direct und urkundlich in Aussicht gestellt war. Rudolf wollte abwarten, ob auch sein eigenes Haus unter die Candidaten aufgenommen würde. Wenn nicht, so war es zugleich die Ablehnung seiner Person, falls es dabei blieb. Aber auch dann war noch nicht alles verloren, es konnte ja noch gelingen sich in der Folge den gewünschten Platz unter den Candidaten zu sichern. Er thut also abwesend, was die andern anwesend gethan: er fördert zunächst die Ausdehnung des Bundes der Kurfürsten, er nimmt den Erzbischof von Trier mit ihnen in den Bund auf, und bleibt also zugleich selbst dabei.

Seine Vorsicht aber war wohl begründet, und der Verdacht, dass für seinen Ehrgeiz hier wenig zu hoffen sei, bestätigte sich. Indem hier dem bisher ausschliesslich kurfürstlichen Bund auch andere Fürsten angegliedert wurden, suchte man sie zugleich in das grosse Interesse persönlich zu verflechten. War es schon lange der Gedanke, einen neuen König zu wählen, so sollte nun auch der fürstliche Kreis nicht von der grossen Hoffnung ausgeschlossen werden. Desshalb wird jetzt endlich offen und urkundlich von Aufstellung eines andern Reichsoberhauptes gesprochen, und dies ist der Inhalt des neuen Bündnisses zwischen Kurfürsten und Fürsten, das hier zu Stande kommen soll. Die Herzöge Stefan und Ludwig von Baiern, die Markgrafen Balthasar und Wilhelm von Meissen, mit Friedrich, dem Sohne des Ersteren und mit ihren drei Neffen Friedrich I. dem Streitbaren, Wilhelm II. dem Reichen, und Georg, dann Landgraf Hermann von Hessen und Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg, also zehn Fürsten zusammen, aus vier Häusern, verbünden sich mit den drei Rheinischen Erzbischöfen, Kurpfalz und Kursachsen zu Einsetzung und Aufrechthaltung

  1. Das hat Sobernheim nicht erfunden, RTA. 3, 288, 25 Nr. 231 illuc dux Saxonie eorum coelector per eos vocatus ad ipsos venit.
  2. Ib. lin. 29 suos procuratores.
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Diverse: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 3 (1890). Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br. 1890, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_138.jpg&oldid=- (Version vom 22.10.2022)