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Wie oft habe ich Sie von dieser merkwürdigen Schar umringt gesehen, die wir Ihre Garde nannten!

Ich fragte Sie nach einigen der seltsamsten Gestalten, Sie kannten sie alle und sagten: »Auch unter diesen rechtlosesten aller Menschen bestehen noch Rechtsstreitigkeiten: Jeder darf nur in bestimmten Straßen betteln; alle zusammen bilden sie eine Gilde, an deren Spitze ein kaiserlicher Prinz steht, dem sie einen jährlichen Tribut entrichten müssen – denn nichts auf Erden wird mehr ausgebeutet, als das Elend, das sich nicht zu wehren vermag.«

Von der Bettlerbrücke bogen wir rechts in kleine Straßen ein. Ich weiß nicht, ob der Anblick all des Jammers um uns her uns darauf gebracht hatte, aber ich entsinne mich, daß wir auf dem Weg von dem geringen Maß an Glück sprachen, das auf Erden zu finden ist, und daß ich sagte: »und diesem bißchen Glück vermögen wir auch nicht mal voll ins Gesicht zu schauen, immer erscheint es uns im Profil, zurück in die Vergangenheit, oder hinaus in die Zukunft schauend.«

»Wär es denn wirklich gar nicht möglich, dem Glück in der Gegenwart kühn und entschlossen, voll ins Antlitz zu schauen?« sagten Sie leise vor sich hin, und der Klang Ihrer Stimme erschien mir

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/228&oldid=- (Version vom 31.7.2018)