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spottet gern über die Herdennatur der Menschen, über die Leichtigkeit, mit der sie sich Götzen aufnötigen lassen, die sich stets als blecherne erweisen. Auch heute redete er viel davon. Er hat sich noch nicht mit der Welt abgefunden, und es entrüstet ihn die falsche Bewertung, die er überall sieht.

»Gegen physische Faulheit wird genug geeifert und gepredigt«, sagte er, »aber geistige Trägheit wird eher unterstützt. Die eine Hälfte der Menschheit soll überhaupt prinzipiell darin verharren und von der anderen Hälfte so viele als irgend möglich. Durch diese künstliche Beförderung der Unselbständigkeit sind all die vielen falschen Größen möglich.«

Und später sagte er: »Wir sogenanntes Volk der Denker tun eigentlich nichts weniger gern, als nachdenken, besonders nicht über Dinge, die uns doch praktisch angehen. Drum ist man im Ausland auch immer ganz verwundert, wenn sich in Deutschland mal die öffentliche Meinung wirklich äußert. Gewöhnlich schläft sie, im Bewußtsein, daß Minister, Geheimräte, Professoren, die alle etwas vom Gottesgnadentum an sich haben, für sie wachen. Wir verlassen uns darauf, im gegebenen Moment immer die nötigen großen Männer zu haben, als hätten wir sie ein für allemal gepachtet, und wollen nicht sehen, daß wir in dieser Ware

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/166&oldid=- (Version vom 31.7.2018)