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Langhauses wurde erst nach der Zeit meines Prager Aufenthaltes von Kardinal Schönborn kräftiger in die Hand genommen.

Der Dom birgt große Schätze. Da ist vor allem das ganz in Silber getriebene Grabmonument des heiligen Johann von Nepomuk, sodann das Grab des heiligen Königs Wenzel in der prächtigen nach ihm benannten Kapelle, ferner sind zu nennen die Überreste der heiligen Ludmilla, der Arm des heiligen Vitus und in einem Altare eine ganze Sammlung kostbarer Reliquien. Vor diesen Heiligtümern verrichteten wir gerne unser Gebet.

Außer dem Dome galt noch zwei anderen Kirchen auf dem Hradschin unser Interesse: die damals ziemlich verlassene St. Georgskirche, die älteste Kirche Prags, mit den Erinnerungen an die selige Mlada, die erste Abtissin des ehemaligen Benediktinerinnenklosters daselbst, und die Loretokirche des Kapuzinerklosters mit dem reichsten Kirchenschatze Böhmens, worunter eine dem Fürsten Lobkowitz gehörige Monstranz mit 6580 Diamanten. Von den übrigen Kirchen Prags besuchten wir von Zeit zu Zeit die Kirche Maria Viktoria mit dem berühmten und viel verehrten Bilde des göttlichen Kindes, dem sogenannten Prager Jesulein. Die kostbaren Kleider, die dem Bilde angelegt werden, stammen zum Teil von der Kaiserin Maria Theresia.

Das kirchliche Leben schien in Prag wenig lebendig zu sein. Allerdings war der Gottesdienst in der Emauskirche gut besucht, besonders an den Sonn- und Festtagen. Das Volk nahm offenbar regen Anteil an der liturgischen Feier. Auch der Gesang der Gläubigen in böhmischer Sprache war sehr schön und hat mich tief ergriffen, obwohl ich die Worte nicht verstand; es dürfte kaum einen eindrucksvolleren Volksgesang geben. Der Sakramentenempfang ließ im allgemeinen sehr zu wünschen übrig. Nur am Emaustage, Ostermontag, wenn Kardinal Fürst Schwarzenberg um acht Uhr in unserer Kirche die heilige Messe zelebrierte und die heilige Kommunion austeilte, war der Zudrang ein großer.

Die Art und Weise, wie die Seelsorge damals betrieben wurde,

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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_45.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)