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sie, als es Nacht war und alles im tiefsten Schlafe lag, ihr kleines Bündelchen zusammen und nahm es unter den Arm und ging aus der Thüre, das Abentheuer mit dem Baurendom zu erleben. Sie war sehr fröhlich im Herzen aber mußte doch weinen, wenn sie an den Kummer dachte, den sie ihren lieben Aeltern durch ihre Flucht machte. Sie ließ für sie in dem Kämmerchen, worin sie schlief, ein bewegliches Brieflein zurück, worin sie schrieb: Lebt wohl, liebe Aeltern, bis auf das Wiedersehen mit meinem Bräutigam dem Baurendom. Ich muß in die weite Welt gehen und ihn aufsuchen, eher find’ ich keine Ruh, und ihr müßt mir’s wohl erlauben, wenn ihr nicht wollt, daß ich sterben soll. Ich weiß wohl, wohin ich gehe, aber ihr wisset wohl, daß darum kein Mensch wissen darf, denn sonst könnte das Mährchen ja nicht fertig werden. Eure liebe Tochter Mariechen.

So war Mariechen um Mitternacht fortgegangen. Den andern Morgen ist großer Jammer und große Klage um das Kind geworden, wie es dem armen Mariechen mit seinen bunten Träumen in der bösen fremden Welt gehen würde, und ihre Aeltern haben Boten ausgeschickt zu Fuß und zu Pferde auf allen Straßen und sie selbst sind auch umhergefahren, sie zu suchen und zu erfragen, aber keiner hat sie finden können und

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 452. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_452.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)