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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia II
Johann Baptist Schöttle: Sagen aus Oberschwaben

der Gemahl der hl. Adelindis und ihre drei Söhne in einer Fehde gefallen sein. Da habe die Heilige hier ihren Gemahl beweint und gefleht, ihn auch nur Einmal noch im Leben sehen zu dürfen. Eines Tages, als sie eben wiederum diese Bitte zum Himmel schickte, es war Morgens zwischen 8 und 9 Uhr, erhob sich ein sanftes Windle und in diesem erschien ihr der Gemahl; auf einige Augenblicke stand er vor ihr da. Auf dem Platze nun, wo er stand, liess sie eine Kapelle erbauen, zugleich aber auch in der Nähe auf der grünen Buchenau mitten im See erbaute sie das Kloster Buchau (nachmalige Stift). Täglich sei sie hinaus in diese Kapelle, habe die lieben Todten beweint (planctus, daher Plankentalkapelle[WS 1]) und ausgerufen:

Windle, Windle weh’
Dass ich meinen lieben Gspon auch wieder seh’.

Das Volk nennt sie heute noch die »Windkapelle«.

In späterer Zeit ging einmal am hellen Tage der Schneider Friedrich Brukmaier, ein armer Mann, an dieser Kapelle vorbei. Da sah er einen Haufen Haselnüsse am Boden liegen, davon aber jede ein Löchlein hatte. Doch, dachte der arme Mann, er wolle seinen Kinderlein eine Handvoll mitnehmen, langt in seine Tasche und als er sie zu Hause auf den Tisch hin leerte, warens lauter Vierundzwanziger. Wie das aber den armen Mann gereut hat, dass er nicht alle mit genommen! Wol ging er wieder heimlich hinaus; aber es lag keine einzige mehr da; der rechte Augenblick war verpasst. Sein Leben lang betrachtete er dies als ein Geschenk der hl. Adelindis an seine armen Kinder[1].

Von dems.     


3 Das Vorkommnis beim Ruhkäppele.

Dieses »Käppele« steht an der Strasse von Buchau nach Kanzach so ziemlich in der Mitte zwischen drei uralten hohen Linden. Ursprünglich klein wurde es seit einigen Jahren vergrössert und mit einem Altärlein zum Messelesen versehen. Das Volk aus der ganzen Umgegend wallfartet sehr viel dorthin, besonders an den Freitagen. Das uralte Ruh-Christi-Bild gilt als Gnadenbild. Nach der Volkssage ist es ein Votiv-Käppele. Es irrte ein Wanderer, von Braunenweiler her nach Kappel wollend, fast die ganze Nacht auf dem Felde herum. Welche Richtung er immer einschlug, er kam eben vom Wald zum See und von diesem wieder zum Walde und in keinen konnte er hineingehen. Vor Angst und Ermattung schlotternd gelobte er eine Kapelle bauen zu lassen, wenn er glücklich heimkomme. Aber er sank nieder, schlief ein. Wie Jakob einst die grosse Leiter, so sah er im Traume das Bild der Ruhe-Christi aus dem Boden herausschauen. Dem zu Ehren,


  1. Sieh ausführliches Volkst. I 22.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Pankentalkapelle
Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia II. Marcus, Bonn 1875, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_II_291.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)