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um so stärker sein müssen, je stärker die anderen Triebe sind. Es ist daher ersichtlich, dass, wenn überhaupt die männlichen Triebe stärker sind als die weiblichen, der Mann ohne stärkere moralische Kraft nicht einmal die gleiche Moralität erreichen könnte wie das Weib. Ich denke, in diesem Gedankengange versteht man am leichtesten, wie das Weib da und dort ein Plus von Moralität zu haben scheint wegen der Schwäche der störenden Triebe, wie andererseits dem Manne das rechte Handeln erschwert wird. Man muss aber noch ein Weiteres bedenken. Das Endziel oder das höchste Gut (man kann auch sagen: der Wille Gottes) besteht darin, dass im Ganzen des Raumes und der Zeit die Lust wachse (sich ausbreite und veredele), die Unlust abnehme. Je mehr und je erfolgreicher sich ein Mensch dem höchsten Gute zuwendet, d. h. je mehr er den Willen Gottes thut, um so mehr ist er in einem höheren Sinne moralisch. Ich würde wohl meine Leser beleidigen, wenn ich aus Geschichte und Leben nachweisen wollte, dass diese active Moralität, die das Rechte aufsucht, mehr männlichen als weiblichen Character hat. Der Irrthum, dass das Weib an Moralität dem Manne gleiche oder ihn übertreffe, ist offenbar nicht nur dadurch entstanden, dass die moralische Fähigkeit im Weibe durchschnittlich geringere Widerstände findet, als beim Manne, sondern auch dadurch, dass das Weib vermöge seiner natürlichen Aufgabe geistig anders zusammengesetzt ist, dass in ihm das Verhältniss der Triebe zu einander anders ist. Weil der Bau der weiblichen Seele einfacher ist als der der männlichen, giebt es in ihr weniger Kampf. Die Gattenliebe und die Mutterliebe sind so viel stärker als die anderen Triebe, dass sie unter normalen Verhältnissen ohne Mühe den Sieg erlangen. Man rühmt die weibliche Geduld. Da, wo sie des Rühmens werth ist, in der Kinderstube, am Krankenbette u. s. w., wird sie von dem weiblichen Liebesgefühle getragen. Aber vielfach sonst, bei einförmiger Arbeit, im Erdulden von allerhand Widerwärtigkeiten, ist doch eine Art von Stumpfheit dabei, ein Mangel an Kraft und Lebhaftigkeit des Geistes. Der Mann würde sich empören oder davonlaufen, er hebt seine Geduld für die Gelegenheiten auf, wo es sich lohnt,

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Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/74&oldid=- (Version vom 31.7.2018)