Seite:Das Tagebuch des Steuermanns.pdf/7

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

verbittert worden ist, hielten Sie ihn für unaufrichtig, undankbar und verstockt, während Sie den aalglatten, zungengewandten Willi Polk als ein Muster eines braven Kaufmannslehrlings stets hinstellten. Es ist Zeit, daß hier in diesem Hause, was meinen kleinen Freund betrifft, einmal Wandel geschaffen wird. Leider muß ich ja nun die große Aussprache mit Herrn August Wend auf eine gelegenere Stunde verschieben, werde aber Heinrich jedenfalls fürs erste mit zu mir nehmen, da er hier jetzt doch nur im Wege sein dürfte.“ Er hatte absichtlich so laut gesprochen, daß auch die alte Kathrin jedes Wort verstehen konnte, um deren dünne Lippen jetzt ein böses Lächeln spielte, als sie schrill und überhastet hervorstieß: „Heinrich bleibt hier! Bei Ihnen, dem der Herr Steuermann das Haus verboten hat, würde der Tunichtgut nur noch mehr Unfug hinzulernen, Sie – Sie – Schnüffler, Sie – Sie –“

Unter Werner Seifferts zwingendem Blick begann das keifende, erboste Weib zu stottern und schwieg dann vollständig.

Da mischte sich Herr Mulack mit der ironischen Bemerkung ein: „Was Sie sagen! Sie haben den Willi überführt?! Da bin ich wirklich gespannt, wie Sie dieses Kunststück –“

„Herr, lassen Sie diesen Ton gefälligst,“ fiel ihm Seiffert schneidend ins Wort. „Willi Polk hat mir angeben müssen, von wo er beobachtet haben wollte, wie Heinrich den einen Schein unter dem Salzsack versteckte. Er zögerte mit der Antwort, nannte dann einen Standort, den er sehr unglücklich in der Hast der von mir verlangten Aufklärung gewählt hatte. Ich konnte ihm nämlich nachweisen, daß er von da aus gar nicht hätte sehen können, was Heinrich bei dem Salzsack tat. Er wurde daraufhin verwirrt, verwickelte sich noch in andere Widersprüche und legte schließlich ein Geständnis ab. Sie dürften wohl schon davon gehört haben, Herr Mulack, daß ich über viele Menschen eine Macht besitze, die schlechten Charakteren unheimlich ist. Auch Willi Polk konnte sich dem Einfluß

Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)