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richtiger Deckel sich befindet, und daß sie in diesem Kruge Insekten fangen, die an der glatten Innenfläche hinabgleiten und so in eine Flüssigkeit fallen, deren Zusammensetzung in nicht allzu langer Zeit eine völlige Auflösung und Verdauung der Tiere bewirkt. Es handelte sich also mit einem Wort um enorm großem Angehörige jener Gruppe von Pflanzen, die man als „insektenfressende“ bezeichnet und die heute noch in vielen sehr verschiedenen Arten, natürlichen normalen Größenverhältnissen, auf unserer Erde gedeihen, auch in Deutschland. Wir wollen nur den rundblätterigen Sonnentau, den Wasserhelm und das Fettkraut nennen, alles Pflanzen, die man leicht an feuchten Stellen findet und an denen man bequem beobachten kann, wie diese Fleischfresser unter unserer einheimischen Flora ihre Beute einfangen, zumeist kleinere Insekten, aber auch Bienen, Wespen und andere. Die „Insektenfänger“ haben nun sämtlich, wie dies schon oben von den Krugpflanzen erwähnt ist, am Grunde ihrer Fangvorrichtungen eine scharfe Flüssigkeit, die man geradezu als Verdauungssaft bezeichnen kann. Der Saft tötet die Opfer, löst sie auf und führt der Pflanze dann die ihr zum Gedeihen nützlichen Stoffe zu. Versuche haben ergeben, daß die Pflanzen, die recht reichlich mit Käfern und so weiter „gefüttert“ wurden, bedeutend kräftiger wurden als andere, nicht so gut ernährte. –

Der Steuermann fand nun – zu seinem Unheil, wie wir bald sehen werden – dicht am Rande des Morastes ein geradezu riesenhaftes Exemplar einer Krugpflanze, deren Kannen gut sieben Meter lang waren und oben einen Durchmesser von fast vier Meter hatten. Er wäre auf dieses ungeheure Gewächs, das recht abenteuerlich mit seinem Kannenschmuck wirkte, vielleicht nie aufmerksam geworden, wenn nicht aus einer der größten Kannen ein durchdringendes, angstvolles Quieken hervorgedrungen wäre, das nur von einem Tiere herrühren konnte. Der Steuermann wußte nichts von der Eigenart der Krugpflanzen und der anderen Insektenfänger. Neugier war es, die ihn

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W. Belka: Das Land Gigantea. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Land_Gigantea.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)