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dieselben von Dr. Hooker auf weit von einander getrennten Bergen gefundenen Pflanzenarten dieser Insel sprechen für die gleiche Geschichte einer früheren kalten Zeit. Nach den von W. B. Clarke mir mitgetheilten Thatsachen scheinen deutliche Spuren von einer früheren Gletscherthätigkeit auch in den Gebirgen der süd-östlichen Spitze Neuhollands vorzukommen.

Sehen wir uns in America um. In der nördlichen Hälfte sind von Eis transportirte Felstrümmer beobachtet worden an der Ostseite des Continents abwärts bis zum 36°–37° und an der Küste des stillen Meeres, wo das Clima jetzt so verschieden ist, bis zum 46° nördlicher Breite; auch in den Rocky Mountains sind erratische Blöcke gesehen worden. In der Cordillera von Süd-America haben sich beinahe unter dem Äquator Gletscher ehedem weit über ihre jetzige Grenze herabbewegt. In Central-Chile habe ich einen ungeheuren Haufen von Detritus mit großen erratischen Blöcken untersucht, welcher das Portillothal quer durchsetzt, und von welchem kaum zu bezweifeln ist, daß er eine ungeheure Moräne bildete; und D. Forbes theilt mir mit, daß er in verschiedenen Theilen der Cordillera von 13° bis 30° S. Br. in der ungefähren Höhe von 12000 Fuß starkgefurchte Felsen gefunden hat, ganz wie jene, die er in Norwegen gesehen, sowie große Detritusmassen mit gefurchten Geschieben. Längs dieser ganzen Cordillerenstrecke gibt es selbst in viel beträchtlicheren Höhen gar keine wirklichen Gletscher. Weiter südwärts finden wir an beiden Seiten des Continents, von 41° Br. bis zur südlichsten Spitze, die klarsten Beweise früherer Gletscherthätigkeit in zahlreichen mächtigen von ihrer Geburtsstätte weit entführten Blöcken.

Nach diesen verschiedenen Thatsachen – daß nämlich die Wirkung des Eises sich ganz rings um die nördliche und südliche Hemisphäre erstreckte, daß diese Periode eine im geologischen Sinne neuere in beiden Hemisphären gewesen ist, daß sie in beiden, nach der Größe ihrer Wirkungen zu schließen, sehr lange gedauert hat und endlich daß Gletscher noch neuerdings auf ein niedriges Niveau der ganzen Cordillerenkette entlang herabgestiegen sind, – schien mir früher der Schluß unvermeidlich zu sein, daß während der Eiszeit die Temperatur der ganzen Erde gleichzeitig gesunken sei. Nun hat aber Croll in einer Reihe ausgezeichneter Abhandlungen zu zeigen versucht, daß ein eisiger Zustand des Climas das Resultat verschiedener,

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Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 457. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/467&oldid=- (Version vom 31.7.2018)