In dem, dem Einen, zwei Naturen walten.
Das, was sie einst war, jetzt zu überwinden,
Wie sie vordem die Andern überwand.
Wie, was mich von ihr abgewandt, die Lust
Der eitlen Welt jetzt hassenswürdig finden!
Daß ich hinsank – mit welchem inn’ren Beben,
Ihr, die es mir erregt, ihr ist’s bewußt.
Sprach über mir sie, die mir einst allein
Erschienen war: „Mich fass’, um dich zu heben! – (Matilde –.)
Glitt, wie ein Webschiff, ohne sich zu senken,
Auf seiner Fläch’ und zog mich hinterdrein,
Dort klang’s: „Entsünd’ge mich!“ so süß – ich kann[1]
Es nicht beschreiben, ja, nicht wieder denken.
Umschlang mein Haupt und taucht es in die Wogen,
Drob ich vom Wasser trank, das mich umrann.
Bot sie zum Tanze mich den schönen Vier,
Die hold um meinen Hals die Arme bogen.
Noch eh’ zur Welt Beatrix kam, so gingen[2]
- ↑ 98. Ps. 51, V. 9
- ↑ [107. Vgl. 29, 121 ff. Die vier natürlichen („weltlichen“) Tugenden waren auf Erden und bestimmt, ihr zu Bahnbrechern zu dienen, ehe Beatrix, die Gnade in Christo, und mit ihr die drei geistlichen Tugenden, durch’s Christenthum auf die Welt kamen. – Derselbe Stufengang von der natürlichen-, durch die Gnade, zur geistlichen Tugend, in welcher erst die Gnade recht erkannt und besessen wird [379] V. 110, 111, muß daher auch bei der sittlichen Vollendung des einzelnen Menschen statt haben.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_378.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)