Dann führt er wohl mit Freuden uns empor.
Denk’, nie wird dieser Tag dir wieder tagen.“
Die Zeit zu nutzen, kam es, daß ich nimmer
Den Sinn, den solch ein Wort verschloß, verlor.
War sein Gewand; dem Stern des Morgens war
Sein Antlitz gleich an zitterndem Geflimmer.
Und sprach: „Komm jetzt, denn nahe sind die Stufen
Und leicht erklimmt ihr sie und ohne Fahr.
O Mensch, du fällst bei jedes Windes Wehn,
Du, den zum Aufflug Gottes Händ’ erschufen.“
Dort schlug er meine Stirn mit seinem Flügel
Und hieß mich dann gesichert weiter gehn.
So wohl zu führen weiß wie Recht und Pflicht,
Am Weg zur Kirche, rechts am steilen Hügel,
Die man gebaut in jenen guten Zeiten,
Wo sicher war das Maß und das Gewicht;
Obwohl er jäh sich senkt als steile Wand,
Doch streift man das Gestein von beiden Seiten.
„Den geistlich Armen Heil!“ – mit einem Sange,[2]
Wie ich so süß noch keinen je empfand.
- ↑ 100. Auf einem Berge von Florenz liegt die Kirche des heiligen Miniatus. Zu dieser führt die Treppe, mit welcher der Dichter den Weg durch den Felsen vergleicht. Er kann übrigens nicht von Florenz sprechen, ohne das schlechte Regiment und die schlechten Sitten seiner Vaterstadt zu strafen, in welcher sich eben einige auffallende Beispiele von Verfälschung ergeben hatten.
- ↑ 110. Den geistlich Armen Heil! der Gruß, welcher denjenigen entgegenklingt, die sich vom Stolze gereinigt haben. (Matth. 5 V. 3.)
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_266.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)