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sondern er repräsentirt auch die Höhe der Anschauungen und Gedanken, zu welcher der Dichter selbst sich emporschwingt. Diese Höhe ist aber keine andere, als die Idee der Sittlichkeit, und an jeden Gedanken und jede That wird ein für allemal dasselbe Ellenmaass angelegt: das der Sittlichkeit.

Wir haben also ein dichterisches Kunstwerk vor uns, das, ganz von dem Standpunkte der Sittlichkeit aus gearbeitet, zeigen wird, welcherlei Menschen dieser Standpunkt erzeugt, und was überhaupt unter der Herrschaft dieses Princips zu Tage kommt.

Durch eine Versündigung gegen das geheiligte Haupt seines Vaters und Herrn, auf den er in einem Augenblicke der Liebeswuth das Schwert gezückt, ist Rudolph (der Grossherzog) zu dem Entschlusse reumüthigster Busse getrieben worden, die er nach seiner Meinung nur dadurch bethätigen kann, dass er „nach Kräften Gutes wirkt.“ Dieser Vorsatz bringt ihn nach Paris, wo er die Spelunken der Armuth und des Verbrechens aufsucht, um Leiden zu lindern, verhärtete Herzen zu erweichen, oder durch ein fürchterliches Strafgericht in Verzweiflung zu stürzen, und um zu helfen, wo geholfen werden kann. Bei seinen fürstlichen Mitteln gelingt es ihm leicht, mancher physischen Noth zu steuern, und die Familie Morel unter Andern verdankt ihm ihr Lebensglück; näher indess, als die Beseitigung physischer Leiden, liegt ihm die Entfernung moralischer Gefahren am Herzen, und dieses Bestreben führt ihn mit der eigentlichen Heldin dieses Romanes zusammen.

Fleur de Marie (Marien-Blume), oder wie wir sie schlechtweg nennen wollen, Marie, das Kind seiner ersten Liebe, von dessen Existenz Rudolph keine Ahnung hatte, ist in der Haft, unter den grässlichen Händen der Eule (Chouette) und in anderen traurigen Verhältnissen zu einem blühenden Mädchen aufgewachsen, und muss endlich, von Armuth gepresst und von Kupplerinnen beschwatzt, sich entschliessen