Seite:Clementine Schrader - Der Hohlweg (1843).pdf/13

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gräfin – Gräfin von Strahlen. – Auch Du giebst mir diesen Titel! Verstehst Du mich?

Lisette. Ich habe Sie schon verstanden! (Ab.)


Sechste Scene.
Sophie (allein; sie hat Platz genommen auf dem Canapee).

Es läßt sich hier schon warten, und ich sollte wieder umkehren, weil ich mich vor einem Manne fürchtete, und vor dem Grafen von Klockenberg? Nein, ich will mir’s wohl seyn lassen! Der Graf von Klockenberg ist hoch in meiner Schuld. Ich lese alle Morgen die Verse, die mir sein Sohn überschickt, und das ist keine kleine Arbeit. Ich höre geduldig seine langweilige Unterhaltung an, wenn er von Liebe und Verzweiflung spricht, ich halte das Lauffeuer seiner Augen, gedämpft durch eine Lorgnette, am frühen Morgen und am späten Mittag aus. Zum Dank für diese Leiden kann mir der alte Herr einmal ein Obdach gönnen. Er ist zwar etwas barsch in seinen Briefen, aber ich will ihn schon versöhnen. Was verlang’ ich denn auch? Ein Canapee für das Opfer meiner Zeit. (Sie legt sich auf das Canapee) Ich muß in meiner neuen Rolle weiter lesen. Ich war so schön im Memoriren, als der Stoß mich traf, und memorire nicht lieber als im Wagen. (Sie holt eine Rolle aus der Tasche) Wo war ich steh’n geblieben? – Bei dem Monolog. (Sie lies’t.)

„Guiscardo, schweigender, verklärter Jüngling,
So hoch bevortheilt um der Liebe Lohn –
Mein Herz zerspringt, und weint sein reuig Blut.
Du trugst die volle Seele mir entgegen,
Du warst ein Hymnus, den Empfindung sang,
Die Zärtlichkeit, sie troff wie Maienregen
Aus deiner Schwüre einzig süßem Klang;
Du reichtest mir in deiner Minne Frohne
Das Ueberschwängliche, des Lebens Krone.

Mit einem Worte konntest Du Dich retten,
Dein hoch Gemüth sprach dieses Wort nicht aus;
Ein duldend Opfer, nahmst Du ew’ge Ketten,
Geschmiedet in des Orkus furchtbar’m Haus,

Empfohlene Zitierweise:
Clementine Schrader: Der Hohlweg. Lustspiel in einem Akt. Vereins-Buchhandlung, Berlin 1843, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Clementine_Schrader_-_Der_Hohlweg_(1843).pdf/13&oldid=- (Version vom 8.6.2023)