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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

in die Kammer. No ja, dachte die Frau, die es gesehen hatte, nun gehts mir aber schlecht. Sie wußte sich aber doch zu helfen.

In der Abendzeit, während ihr Mann nicht zu Hause war, ging sie zu der alten Slükschen und sagte zu ihr: »Wißt Ihr was? Ihr könntet diese Nacht wohl mal bei meinem Manne in der Kammer schlafen.« »Liebend gern,« sagte die alte Slüksche, »das will ich wohl tun.« Und den Abend ging sie hin und legte sich in der Frau ihr Bett. Bald darnach kam der Bauer, der meinte, seine Frau läge da im Bette, im Dunkeln hereingeschlichen, schnitt ihr die Haare ab und prügelte sie so lange bis die drei Haselstöcke in Stücken waren, dann gab er ihr noch einen Schub, daß sie aus der Thüre flog.

Am andern Morgen aber brachte die Bauersfrau ihrem Manne ganz vergnüglich den Kaffee. Sprach der Mann: »Nun Frau, wie haben die Schläge geschmeckt?« »Welche Schläge?« »Nun die mit den drei Haselstöcken.« »Ich glaube gar, du hast wieder geträumt; ich habe keine Schläge gekriegt.« »So? dann habe ich dir auch wohl die Haare nicht abgeschnitten? Setz mal gleich deine Mütze ab.« Das that die Frau, und da sah der Bauer, daß sie noch alle Haare auf dem Kopfe hatte. »Hol mich der Kuckuck,« rief er da, »nun sehe ich doch wohl ein, daß alles nur ein Traum gewesen ist.«

Die alte Slüksche mit der Schnüffelnase hatte aber noch lange einen blauen Buckel zu tragen und schnüffelte so bald nicht wieder.


28. Die zwei Brüder.

Es war einmal ein Bauer, der wurde so arm, daß er nur ein einziges Pferd behielt. Da nahm er einen Fischteich in Pacht, daß er sich von der Fischerei ernähren möchte. In dem Teiche hatte er schon mehrmals einen mächtig großen Fisch bemerkt, der ging niemals in das Netz hinein, aber der Mann hatte nicht eher Ruhe noch Rast, bis er den Fisch doch endlich gefangen hatte. Da er ihn nun ans Land legte, that der Fisch sein Maul auf und sprach: »Du hast mich nun in deiner Gewalt, Fischer, und ich merken wohl, daß ich nicht wieder fortkomme; darum befolge meinen Rath und nimm wenn du mich geschlachtet hast, mein Herz, meine Leber, meine Galle und vier von meinen Floßfedern; das Herz gib deiner Frau zu essen, die Leber Deinem Pferde, die Galle dem Hunde und die Floßfedern vergrabe unter dem Tropfenfall. Wenn du das thust, so wird es dein Glück sein.« Da that der Mann, wie der Fisch ihm gesagt hatte.

Über eine Zeit, so gebar des Fischers Frau zwei Knaben, das Pferd warf zwei Füllen, der Hund zwei Junge, und als der Fischer unter dem Tropfenfalle nach den Floßfedern sah, so waren daraus zwei Schwerter und zwei Pistolen geworden. Die beiden Kinder, da sie größer wurden, hatten eine sonderliche Lust, mit den blanken Waffen zu spielen; das sah aber ihr Vater

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_069.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)