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Es würde meinen Lesern Langeweile machen, wenn ich alle Musikschulen, die ich auf meiner Reise durch Oesterreich, Mähren, Böhmen und Sachsen, besucht habe, genau beschreiben wollte. Ich will nur überhaupt bemerken, daß die Schüler eine rauhe plumpe Spielart hatten, und daß sie nie nach Vollkommenheit zu trachten schienen. Metastasio war der Meynung, daß die Kinder in diesen Schulen sehr schlecht angeführt würden, so daß sie nachmals unverbesserlich wären. Freylich sind die meisten zu Bedienten und niedrigen Handthierungen bestimmt; und da in vielen Gegenden Böhmens und Sachsens, die gothische Herrschaft über die Vasallen noch immer Statt findet, so fühlen diese Leute selten den Ehrgeitz, sich in der Musik hervorzuthun. Zuweilen steht einmal ein Mann von Genie unter ihnen auf, und wird ein vortreflicher Musiker, er mag wollen oder nicht; doch in diesem Falle läuft er gemeiniglich davon, und läßt sich in irgend einem fremden Lande nieder, wo er die Früchte seiner Talente einerndten kann.

Ueberhaupt erhellet doch aus diesen Schulen deutlich, daß nicht Natur sondern Cultur es macht, daß die Deutschen so allgemein Musik verstehen; und ein genauer Betrachter der menschlichen Natur, der lange unter diesem Volke lebte, hat gesagt, „daß, wenn es angebohrnes Genie gebe, Deutschland gewiß nicht der Sitz desselben