Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Reiner Morgen.

Als wir des Morgens, der Träume Last noch fühlend, Gärten nahten,
Da sahen wir die ganze Welt, der frohen Seele Spiegelbild, aufblüh’n in Feuerstaaten,
Da fragten wir die Winde, Wässer, Vögel, Bienen, Bäume:
Wer heute Nacht, geheimnisvoll, durchschritt des Gartens Räume.

5
Zu Gold verwandelt spielt der Sand, wo heilige Spuren lagen,

Heilquellen rauschten, wellenreich, von Engelshauch getragen,
Ein jeder Hauch barg Lebenskraft für hundert Glutentage,
In jedem Blick lag Staunen und des Neugeborenen Frage.

Unserer Rätsel Schmerzenslast begriffen wir als deinen Ratschluß,

10
Versiegelt noch empfing dein Brief der Demut treuen Lehenskuß;

Und unsern Feind, der lauernd, bei unserem Tor schlief ein,
Als deinen Knecht, der matt sich lief, luden wir freundlich ein.

In fahrnisreicher Einsamkeit, umweht von böser Geister Macht,
Blüht uns’rer Wünsche zarter Hain, in lilienweißer Beete Pracht,

15
Und glutenreichste, süßeste, berückendste der Frau’n

Waren für uns, im keuschen Glanz, wie Schwestern mild zu schau’n.

Empfohlene Zitierweise:
Otokar Březina: Hände. Moriz Frisch, Wien 1908, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BrezinaH%C3%A4nde54.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)