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Anno 1531. hat sich der Abbas deß Closterlebens gäntzlich vnd gutwilliglich begeben / seinen Stand verändert / in der Statt Lüneburg / darauß er bürtig gewesen / geheyrahtet / vnd Bürgerliche Nahrung getrieben.

Demselben seynd die Conventuales gefolget / welche hin vnd wieder zu Kirch- vnd Schueldiensten / worzu ein jeder tüchtig befunden / beruffen / vnd befordert worden / deren einer / Herr Johannes Marquart genant / allhier der erste Lutherische Prediger worden / vnd in die 28. Jahr Gottes Wort rein vnd lauter geprediget.

Nach dem nun der Abbas abgedancket / vnd diese Welt gesegnet / hat man ein Fürstliches Schloß allhier angefangen zu bawen / welches Hertzog Heinrich der Jünger / Hertzog Ernsten Sohn / zu Braunschweig vnd Lüneburg / nachmals verbessert / vnd mit Gebäuden vermehret worden.


Schartzfels.

Das Hauß vnd Schloß Schartzfels / zu der Graffschafft Lauterberg / vnd also zum Fürstenthumb Grubenhagen gehörig / ist vorne in oder an dem Hartzwalde / vff einem hohen Berge / vnd zwar vff einem eintzigen grossen Stein oder Felsen (der vff 80. Werckschuhe hoch über die Erden oder über den Berg außstehet) gelegen / hat zweene Plätze / vnd ist zu dem obern Platze vnd rechten Schlosse gar keinen Zugang / als durch eine lange vnd fast hocherbawete / auch in der höhe mit einer Zugbrücken verwahrete steinern Treppen / vnd stehet für dem Schlosse vnd obern Platze / vff dem Felsen / ein alter / vnd von eitel grossen Quadersteinen erbaweter sehr grosser / dicker vnd starcker Thurn / ohne Dachung / welcher so wol als das Schloß mit nottürfftiger Guarnison / vnd gnugsamen metallinen / auch eisernen grossen Stücken vnd Mörseln versehen / daß also solch Hauß oder Schloß nach der Situation / vnd deß Ortes Gelegenheit / eine zimbliche gute Bergvestung ist / die auch bey diesen langgewehrten Böhmischen vnd Teutschen Kriegen noch niemals / so wenig auch für dero Zeit / vnd bey den alten schweren Vffruhren vnd Fehden jemahls / so viel man Nachricht haben kan / erstiegen oder erobert worden / Vnd sagt man von dem erstgemelten Thurn / daß vff demselben keine Dachung über eine Nacht gelassen vnd geduldet werde / vnd solches der Vrsachen / daß Keyser Heinrich der Vierdte zu deß domahlig vf Schartzfels wohnenden Grafen von Lauterberg Frawen heimliche vnzimliche Liebe getragen / vnd darumb den Grafen in anno 1080. zu sich ins Closter Pölde erfodert / vnd mit einiger Werbung an entlegene Ort verschicket / darauff durch Anstifften / Raht / Hülff vnd Practic eines Münches im Closter Pöhlde / (der ein Nigromanta) neben demselben sich heimlich vffs Schloß verfüget / vnd die Edlen Frawen durch List bewältiget / vnd ihrer Ehren beraubet. Da dann ein Geist oder Teuffelsgespenste (welches am hohen Thurn vnd Schloß / auch in der Küchen / sich vorhin enthalten / mehrmahls hören lassen / vnd viel Gauckelspiels getrieben / doch ohne der Menschen Beleidigung) durch den Thurn in die Lufft gefahren / die Dachung von dem Thurn mit weggenommen / vnd in der Lufft geschryen haben solte / daß an der verübeten bösen Vnthat der Münch mehr / als der Keyser / schuldig wäre / vnd hätte nach dero Zeit keine Dachung vff dem gedachten Thurn bleiben können / der Münch aber wäre hernacher Zeit seines Lebens immer trawrig gewesen / vnd niemals mehr rechten oder frölichen Gesichts gesehen worden / auch diese Vnthat die vornehmste Vrsach gewesen der grossen Feindschafft vnd Widerwillens / so damals zwischen Keyser Heinrichen dem Vierdten / vnd Marggraff Ebbrechten dem Jüngern zu Sachsen / (deme die gedachte Gräfin mit naher Blutfreundschafft

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Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_288.jpg&oldid=- (Version vom 5.6.2023)