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Exkurs. Auch in diesem Abschnitt hat der Apok. offenbar eine ältere, und zwar zunächst jüdische, apokalyptische Tradition verwertet. Gerade dieselbe charakteristische Weissagung, derzufolge Gog und Magog erst nach dem messianischen Zwischenreich aufstehen werden, findet sich bereits Sib. III 663. Es heißt dort nach Schilderung des messianischen Reiches: „Aber wiederum werden die Könige der Erde wider dieses Land insgesamt einen Ansturm bereiten, sich selber Verderben bereitend ... Sobald sie das Land erreicht haben, werden die schändlichen Könige rings um die Stadt ein jeder seinen Thron aufstellen, mit sich führend widerspenstiges Volk. Und mit gewaltigem Ruf wird Gott dann reden zu dem ganzen unerzogenen eitlen Volk, und Gericht hält über sie der große Gott, und alle werden vernichtet durch die Hand des Unsterblichen. Vom Himmel werden aber feurige Schwerter fallen u. s. w.“ Auch hier ist also die Verlegung von Ez 38-39 in den letzten Akt des apokalyptischen Dramas, der in der Zeit nach dem messianischen Zwischenreich spielt, vollzogen. Der Apok. konnte hier einfach herübernehmen. Wie stark er übrigens in diesem Bilde mit überkommenem Gut auch im einzelnen gearbeitet hat, zeigt der oben bereits durchgeführte Vergleich mit der Weissagung des Parthereinfalls Henoch 56[1]. So erklärt sich die durchaus jüdische Haltung und Färbung des kleinen Stückes. Ob aber eine wirkliche, schriftlich fixierte Quelle dem Apok. hier vorgelegen hat, in welchem größeren Zusammenhang dies Fragment ihm überliefert war, das sind Fragen, die wir mit unsern Mitteln nicht mehr beantworten können. Der Apok. konnte übrigens das Stück trotz seiner jüdischen Färbung so unbesehen herübernehmen, weil er ja auch — wahrscheinlich wenigstens — das tausendjährige Reich in Jerusalem sich dachte und so die geliebte Stadt auf die Wohnung Christi und der Märtyrer beziehen konnte. Eine originale Wendung bekommt das ganze Stück von V. 1-10 erst dadurch, daß der Apok. mit dieser Weissagung von dem Ansturm Gogs und Magogs gegen das messianische Reich einen älteren Mythus von der Fesselung der Schlange auf eine bestimmte Reihe von Jahren und ihrer darauf erfolgenden Loslösung verband, von dem wir in der sonstigen jüdischen Literatur kaum noch Spuren finden, während in der parsischen Eschatologie eine direkte Parallele vorliegt.

20,11-15. Das letzte große Gericht. 20,11. καὶ εἶδον θρόνον μέγαν λευκὸν καὶ τὸν καθήμενον ἐπ’ αὐτόν[2] (Jes 6,1; Dan 7,9), οὗ ἀπὸ τοῦ[3] προσώπου ἔφυγεν ἡ γῆ (16,20) καὶ ὁ οὐρανὸς[4], καὶ τόπος οὐχ εὑρέθη αὐτοῖς. Der Apok. sieht einen großen weißen — d. h. lichtglänzenden Thron. Und darauf thront jemand (Gott, nicht Christus), den er wie 4,2 aus Ehrfurcht nicht nennt. Nur hervorgehoben wird, daß vor der gewaltigen Majestät seines Antlitzes Himmel und Erde fliehen. Vgl. IV Esra 7,33; Hen 90,20. 20,12. καὶ εἶδον τοὺς νεκρούς, τοὺς μεγάλους


  1. Hier erscheinen die Parther noch nicht nach, sondern vor dem messianischen Reich.
  2. επ’ αυτου A 1. 95; επανω αυτου ℵ 38. S. 165.
  3. AC 38. 95; > του d. übr.
  4. ο ουρανος κ. η γη tol. a ae. Aug.
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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S440.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)