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Ps 18,5.17; 32,6; 42,8; 124,4 (Gott schüttet seinen Zorn aus wie einen Strom), oder der Durchzug der Israeliten durchs rote Meer (Sp.) sind völlig nichtssagend. Vielmehr tritt das spezifisch Mythologische unseres Textes gerade hier wieder ganz deutlich heraus. Bemerkenswert ist, daß der Drache hier als Wassertier geschildert wird (vgl. Ez 29,3; 32,3; Ps 74,14; Test. Asser 7 [ursprünglicher Text]). Wie schon oben angedeutet, kann von dem Apok. letzter Hand bei dem vorliegenden Symbol nur entweder an die Belagerung von Jerusalem oder an die erste Christenverfolgung in Jerusalem gedacht sein.

12,16. καὶ ἐβοήθησεν ἡ γῆ τῇ γυναικὶ, καὶ ἤνοιξεν ἡ γῆ τὸ στόμα αὐτῆς καὶ κατέπιεν τὸν ποταμὸν, ὃν ἔβαλεν ὁ δράκων ἐκ τοῦ στόματος αὐτοῦ. Auch dieser Zug in dem Bilde schaut uns als ein völliges Rätsel an und weist auf verborgene und tiefere Zusammenhänge. Im alten Testament und in der jüdischen Literatur suchen wir vergeblich nach Parallelen. So beschränken wir uns hier darauf, zu behaupten, daß der Apok. nur zweierlei mit diesem Symbol gemeint haben kann, entweder die Rettung eines Teils von Israel, nämlich der gläubigen Judenchristen nach Pella im Jahre 67 (Eusebius H. E. III 5,3), oder das baldige Aufhören der Verfolgung der ersten Christengemeinde in Jerusalem.

12,17. καὶ ὠργίσθη ὁ δράκων ἐπὶ τῇ γυναικὶ καὶ ἀπῆλθεν ποιῆσαι πόλεμον μετὰ τῶν λοιπῶν τοῦ σπέρματος αὐτῆς τῶν τηρούντων τὰς ἐντολὰς τοῦ θεοῦ καὶ ἐχόντων τὴν μαρτυρίαν Ἰησοῦ[1]. Bei diesem Verse, dessen Herkunft von dem Apok. letzter Hand durch die letzte Wendung zweifellos gemacht ist, fragt es sich vor allem, wer die λοιποὶ τοῦ σπέρματος αὐτῆς[2] sind[3]. Wenn man den Apok. genau beim Worte nehmen will, so kann es sich, da im Vorhergehenden nur von einem Sohne des Weibes, dem Messias, die Rede war, bei den „Übrigen von ihrem Samen“ nur um die Anhänger (Brüder) des Messias handeln, sei es, daß man nun auf die Christen überhaupt (Dstd., Züll.), sei es, daß man unter Streichung von καὶ ἐχόντων τὴν μαρτυρίαν Ἰησοῦ auf die auf Erden lebenden Juden bezieht (Vischer, Weyl., Sp., J. Weiß). Man darf aber nicht vergessen, daß im Vorhergehenden der Apok. unter dem Symbol der Verfolgung des Weibes gar nichts anderes verstanden haben kann, als irgendwie die Verfolgung der Gläubigen. So sind denn allerdings schon vorher „andre“ von dem Samen des Weibes bildlich angedeutet. Das Einfachste ist es nun, wenn vorher die Errettung der Judenchristen, sei es durch die Flucht nach Pella, sei es durch das Aufhören der ersten Christenverfolgung symbolisiert war, „die Übrigen vom Samen des Weibes“ auf die Christen überhaupt im römischen Reich zu beziehen (Bleek, Vlkm., Hilgf., Einl. 433. 435), deren Verfolgung dann Kap. 13 erzählt. Dazu paßt denn auch der Inhalt von Kap. 13. Denn


  1. cle. tol. lips.⁴ Pr. του ιησου Χριστου, ℵ Hipp.h του θεου, 98 θεου.
  2. Vgl. Micha 5,2 οἱ ἐπίλοιποι τῶν ἀδελφῶν αὐτῶν. — J. Weiß vergleicht Gen 3,15 „Feindschaft zwischen Dir und dem Weibe und zwischen Deinem Samen und Ihrem Samen.“
  3. Vischer und Sp., welche die Flucht des Weibes in die Wüste auf einen präexistenten Vorgang im Himmel beziehen, denken bei den λοιποί an das empirische auf Erden befindliche Israel.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S345.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)