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Prooemium des Ganzen eine tiefe innere Bedeutung. Der Apok. will weissagen von den gewaltigen Nöten der letzten Zeit und ihren unerhörten Kämpfen. In starkem Kontrast dazu steht hier ein Bild von erhabener ruhiger Majestät. Auf Erden soll der letzte erbitterte Kampf beginnen. Aber hier im Himmel huldigen alle die mächtigen Wesen dem allmächtigen, in alle Ewigkeit lebendigen Gott, sie werfen sich huldigend vor ihm nieder und bringen ihm ihre Kronen dar. In einen jubelnden Hymnus klingt das Ganze aus: Der allmächtige Schöpfergott hält das Ziel dieser Welt sicher in seinen starken Händen. Ihm gebührt Preis und Ehre und alle Macht.

B. Kap. 5. Das versiegelte Buch und das Lamm.

5,1-7. Das Lamm. 5,1. καὶ εἶδον ἐπὶ τὴν δεξιὰν τοῦ καθημένου ἐπὶ τοῦ θρόνου βιβλίον γεγραμμένον ἔσωθεν καὶ ἔξωθεν[1], κατεσφραγισμένον σφραγῖσιν ἑπτά. Gott hält das Buch auf der offenen Hand, nicht in der Hand (daher επί m. Akkus. vgl. Ez 2,9). Nach unsrer Stelle ist das Buch drinnen und draußen beschrieben, nach Ez 2,10 vorne und hinten. Denn bei Ez handelt es sich um eine ausgerollte Rolle (ἀνείλησεν αὐτήν), hier um ein verschlossenes Buch resp. eine Buchrolle, die wir auch hier annehmen müssen, da das ἔξωθεν γεγραμμένον bei einem wirklichen Buch eine sonderbare Vorstellung ist. Bei einer verschlossenen Buchrolle konnte der Seher dennoch sehen, daß sie außen beschrieben sei. Daß sie es inwendig war, verstand sich dann von selbst (zum ὀπισθόγραφον vergleicht Dstd. Lucian, Vit. Auction 9; Plinius, L. III ep. 5; „a tergo“ Juvenal, Sat. I 6; „in aversa charta“ Martial VIII 22). Über die hier vorliegende Vorstellung des Buches vgl. das zu 3,5 Bemerkte; hier handelt es sich nicht um ein Gerichtsbuch, sondern um das Buch, in dem die Schicksale der Welt verzeichnet sind. Parallelen zu der Versiegelung des Buches finden sich Jes 29,11 (οἱ λόγοι τοῦ βιβλίου τοῦ ἐσφραγισμένου) und Dan 8,26; 12,4.9, dagegen nicht in der Ezechielstelle.


  1. Die Varianten εμπροσθεν και οπισθεν Or.⁴ ⁹⁷; εσωθεν και οπισθεν A. 1. 14 s² Cypr. Or.² ⁵²⁵ (retro) scheinen Konformationen nach LXX Ez 2,10 τα εμπροσθεν και τα οπισω; den Text lesen PQ Rel. g vg. c s¹ a ae. Hipp. Pr. Vict. Tic. (Orig.Philoc.), also die überwiegende Mehrzahl der Zeugen. Zahn II 599 will freilich mit A Cypr. Orig. εσωθεν και οπισθεν lesen und οπισθεν dann zum folgenden ziehen. Also: „ein Buch, drinnen beschrieben und hinten besiegelt.“ Daß man ein Buch innen beschreibt und, falls es versiegelt wird, auf der Rückseite versiegelt, sind aber bare Selbstverständlichkeiten, deren Hervorhebung man nicht begreift. Daran scheitert die Zahnsche Auffassung, der sich J. Weiß 57ff., durch die Sicherheit der Zahnschen Behauptungen bestochen, anschließt. — Zahn wendet gegen die Annahme einer offenen Rolle, die hinten und vorne beschrieben sei, ein, daß man nicht eine Rolle, sondern nur ein Buch ἐπὶ τὴν δεξιάν, halten könne, eine Rolle halte man ἐν τῇ δεξιᾷ. Als wenn das ἐπὶ τὴν δεξιάν, das hier nur wegen der Größe des Gegenstandes steht, notwendig die Vorstellung eines Balancierens auf der gestreckten Hand einschlösse! Die Vorstellung eines ὀπισθόγραφον erscheint Zahn ärmlich. Aber Ezechiel, an den sich diese Stelle deutlich anlehnt, hat nun doch einmal diese „ärmliche“ Vorstellung, die übrigens wohl mit Absicht gewählt ist, um den großen Reichtum göttlicher Offenbarung auszudrücken, den eine Rolle nicht faßt.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S254.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)