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Maien, rauscht im Schmuck der Blätter
Ehrfurchtsvoll dem Gott der Götter
In der Saiten Silberklang.

 Hardenberg mag durch diese Gründe sich überwunden gegeben und die Maien, diesen Lieblingsbaum belassen haben. – Bemerkenswert ist, daß den zahlreichen nach Ansbach eingepfarrten Landleuten der Besuch näherer Kirchen gestattet war. – Die Schulen waren in unserem Gebiet verhältnismäßig wohl bestellt. Wenigstens ward auf dem Lande von Michaelis (nicht von Martini erst, wie eine Eingabe wollte) bis Ostern Schule gehalten von Schulmeistern und deren Lokaten, auch im Sommer sollen die Kinder etlichemale sich einfinden, damit nicht alles verlernt würde. Während die Unterweisung in Psalmen und Lesen unentgeltlich war bezw. staatlich honoriert ward, mußte Schreiben und Rechnen gleichsam im Privatunterricht gelernt und eigens gezahlt werden. Alle Vierteljahre erhielt der Lehrer für jedes Kind zehn oder zwölf Kreuzer. – Selbst die ersten zarten Anfänge der Frauenemanzipation sind übrigens durch ein Verbot unterdrückt, daß „virginibus das Schreiben leicht in vehiculum der Lüderlichkeit würde“. Die Geschlechter wurden zusammen unterrichtet, auch in den Stadtschulen. Unsere Stadt hat die Trennung erst seit 1811. Die Lehrbücher waren höchst simpel, Bibel, Gesangbuch, Katechismus, die selbdritt als Lesebücher dienten. Kein Schüler durfte zum heiligen Abendmahl zugelassen noch verdingt oder in eine Lehre gegeben werden, wenn er nicht geprüft ward. Die Konfirmation kannten die Ansbachischen Lande fast nicht. Wer im Christentum schlecht gegründet war, weil er „Kinder hüten, beim Anspann oder anderen Arbeiten allzuhäufig helfen mußte“, wurde weiter in die Schule geschickt, die Eltern wurden nicht zu indirekt, sondern auch direkt gestraft. Nach Schriftproben zu schließen ward übrigens ziemlich viel geleistet. Den Töchtern der Bürger wendete im 18. Jahrhundert eine Madame de la Roche und eine Madame Ehrmann ihre förderliche Aufmerksamkeit zu, es wurde viel versprochen und wenig gehalten, während ein Kandidat Reuter Anthropologie, Physiologie, Chemie, Historie, Geographie und Religion zu lehren versprach und nach seinen Vorbereitungen auch Tüchtiges leistete. Seine Prospekte sind anmutig zu lesen vom „Menschen im allgemeinen für sich und in Gesellschaft, von dem, was ihn umgibt, was einst war, von seinen Pflichten gegen das höchste Wesen“. – Erst 1812 ward eine höhere Mädchenschule gegründet, der die damalige Kronprinzessin wenigstens ihren Namen lieh. – Der Gregoriustag, der in dem Fürstentum „unterhalb des Gepürgs“ so große Bedeutung als Schulfeiertag hatte, – das fatale Wiesenfest in Oberfranken scheint ihn wieder aufleben zu lassen – (am 12. März „Gregori“) muß im Ansbachischen vom „Fähndleinstag“ übertroffen worden sein, an welchem Tag allerlei Schabernak und Kurzweil gestattet, wohl auch den Schülern erlaubt war, den Lehrer zu agieren.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Aus Ansbachs vergangenen Tagen. Fr. Seybold’s Buchhandlung, Ansbach ca. 1912, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bezzel_Aus_Ansbachs_vergangenen_Tagen_11.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)