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Kapelle besaß. Später ward es nach Schwabach verlegt, dann die dortigen Gebäude für das Irrenhaus bestimmt. Jetzt haben sie die Lehrerbildungsanstalt aufgenommen. Et domus habent sua fata. – Die Vollständigkeit halber erwähne ich, daß 1775 die Katholiken das exercitium privatum ihres Kultus gestattet bekamen. Der Wirt zum grünen Baum gab Grund und Boden (gegenüber der jetzigen katholischen Kirche) her, damit die beschwerlichen Wanderungen nach Burgoberbach aufhören möchten. Der Betsaal, welcher jetzt Turnsaal des Theresieninstituts ist, hat insofern wieder kirchliche Bedeutung gewonnen, als er (seit 1911) den theologischen Prüfungen in ihrem schriftlichen Teile dient. Von 1836 bis 1838 wurde die Ludwigskirche erbaut, deren Glocken Metall von Kanonen aus der Schlacht bei Navarin sind. Reformierter Gottesdienst, einst von dem Pfarrer in Bayreuth, jetzt von dem in Nürnberg in dem Fürstenstand gehalten, wurde in der Residenzstadt nicht erlaubt. 1695 wurde er in Hennenbach gefeiert, als die Hugenotten den Markgrafen Georg Friedrich d. J. um Aufnahme baten, die ihnen dann in Schwabach gewährt wurde. Ein Reformierter war in Hennenbach geblieben, Michael de Claravalle, der dort eine Teppichweberei einrichtete. Daß Markgraf Karl den Israeliten eine Synagoge verstattete, deren Fenster auf die Straße gingen, ward damals besonders bemerkt. Der Herriedertorturm, der zwar nicht Gottesdienste in sich sah, aber zu Gottesdiensten läutete, wie bis in die letztvergangenen Jahre hinein zu allen Beerdigungen, war 1684 auf 1685 von Böckler erbaut, 1719 abgebrannt und 1750/51 von dem Wassertrüdinger Meister Steingruber aufgebaut. Nur im Vorbeigehen sei angemerkt, daß jener Meister 1701 geboren ward, genau hundert Jahre vor dem Landsmann, der auch Maurergeselle, dann Rektor von St. Anna war, Joh. Kaspar Mezger. Was ein alter Stiftspfarrer im Hinblick auf die unter Kirche sagt, kann man auf all diese Gebäude anwenden. „Auf ein schönes altes Kleid ward ein neuer häßlicher Lappen aufgeflickt. Pannus pannis assuitur.“ –

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 Von den Gotteshäusern ist der Übergang zu ihren Geistlichen wohl erklärlich. Im Geburtsjahr des Markgrafen Karl besaß Ansbach zehn Geistliche im Amte, mindestens einen Konsistorialen, der Hof- und Hauptprediger war und markgräflicher Beichtvater, aber keinen Generalsuperintendenten. Denn so bedeutend Gottfried Händel war, der drei Markgrafen geistliche Dienste getan und um 1700 das treffliche sog. alte Ansbacher Gesangbuch herausgegeben hat, auch es mit einem trefflichen Lied bereicherte: „Du fährst gen Himmel, Jesu Christ, die Stätt’ mir zu bereiten“, so wenig bewährte sich sein Sohn Christian Christoph Händel, der in sehr ausgiebiger Vernutzung des Nominalelenchus gegen den Markgrafen Wilhelm Friedrich sich ausließ, dessen Bekenntnisse er auf die Kanzel brachte. Zum Tode verurteilt und kassiert ward er 1710 auf die Staatsfeste Wülzburg (die seit dem Tode Veits von Gebsattel 1524 erledigte Abtei) gebracht, wo er 1734 starb. Doch ward die

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Hermann von Bezzel: Aus Ansbachs vergangenen Tagen. Fr. Seybold’s Buchhandlung, Ansbach ca. 1912, Seite 08. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bezzel_Aus_Ansbachs_vergangenen_Tagen_08.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)