Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 296.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

schwören, daß ihm Appellation Noth thue, daß er nicht um des Verzugs oder aus Gefährden appellire. Die Gegenpartei wird alsbald benachrichtigt.

Als Hohenlohe den hällischen Antheil gekauft hatte, trat es mit dem Anspruch hervor, fortan Appellationsinstanz statt Hall zu sein. Die übrigen Ganerben gaben das nicht zu, da das Oberhofgericht zu Hall kein Recht, sondern nur freies Übereinkommen und guter Wille gewesen. Jetzt wurde zweite Instanz das Amt jeder Ganherrschaft bei 15 fl. Werth, bei 50 fl. Werth die Ganerben selbst (1678).

Das peinliche Gericht wird, da Künzelsau unabhängig ist vom Centgericht, in K. gehalten. Das Gericht ist besetzt mit 12 Richtern und 2 Beisitzern. Der Schultheiß „verbietet“ mit dem Stab im Namen der Ganerben das peinliche Gericht, bleibt aber bei der Verhandlung nicht. Unter den 2 Prokuratoren darf sich der Beklagte einen zum Beistand wählen, auch werden ihm 2 vom Gericht, die aber auch das Urtheil mit beschließen, als Rathgeber beigegeben, das Urtheil verkündigt und vollstreckt der Schultheiß (Statuten v. 1578).

Die Strafen für Verbrechen waren scharf. Todesstrafe wurde verhängt wegen Mord (Vatermord 1625), wegen Bigamie (1564), wegen Hexerei nach peinlicher Tortur durch den hällischen Nachrichter (2 Frauen verbrannt 1602), wegen Pferdediebstahl (1530 erst Galgen, dann auf Fürbitte Schwert). Vorehlicher Beischlaf wird mit Geld und 8 Tage Narrenhäuslein bei Wasser und Brot bestraft. Ein Dieb wird 1603 auf sein Bitten nach 3tägigem Gefängnis des Landes auf 4 Jahre verwiesen, vermag er dann ein Zeugnis des Wohlverhaltens beizubringen, wird er wieder eingelassen. Der Dieb wird auf Klage vom Schultheißen verhaftet. Der Kläger darf ihn aber nicht „besiebenen noch über ihn verbürgen“ (1518 Cath. Petri.), die Kosten des Verfahrens zahlt die Ganherrschaft (1518).

Besonders scharf sind die Strafen gegen Real- und Verbalinjurien. 1503 wird geklagt, daß die Einwohner zu K. leichtfertig und freventlich einander an die Ehre geredet, auch Verwundung und andere Mißhandlungen verübt, da die Gerichtsbußen gering seien. Darum wurde beschlossen: Wenn ein Einwohner den andern Lügen straft, an seine Ehre redet, „entzücket“ und schlägt, stößt oder wirft, der bezahlt 1. den gemeinen Frevel ans Gericht, 2. verfällt er den Dorfherrn zu einer Geldbuße, 3. bleibt dem Kläger seine Forderung auf Entschädigung vorbehalten.

Die Strafen waren stark. Als z. B. 1611 bei Verlesung der Gemeindeordung Peter und Hans Heygold dagegen redeten, wurden sie um 10 fl. gestraft. Fast bei allen Straferkenntnissen treten Fürbitten ein, welche Ermäßigung der Strafe bewirken.

Verhaftete konnten gegen Urfehde, daß sie sich wieder stellen wollen, der Haft entlassen werden.

Von Strafgeldern, welche den Dorfherrn zufielen, und welche in 7 Theile giengen, erhielten im 16. Jahrhundert Hohenlohe 2/7, Hall 1/7, 1/7 Mainz und Würzburg mit einander im Verhältnis von 2:1, 3/7 die Herren von Stetten, von den später 1/7 wieder zu einem Theil an Valentin von Berlichingen und zu 2 Theilen an Würzburg kam. Der Rest kam in verschiedenen Bruchtheilen an die einzelnen Linien der Herren von Stetten. 1678 wurde bestimmt, da das jus territoriale und die

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_296.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)