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der Himmel sie nicht verlassen und der Bosheit ihres Herrn preisgeben würde.

Der Tag ging ohne ein merkwürdiges Ereigniß vorüber, nur fühlte man, daß die Luft immer schwüler wurde und wirklich war ein Gewitter im Anzuge. Die Thüre des alten Kaspar wurde nicht mehr aufgemacht; ihn selbst aber konnte man im Vorübergehen, wenn man durch das Fenster einen Blick in die Kammer warf, mit Frau und Kindern auf den Knieen liegen und andächtig beten sehen. Hörte man auch bisweilen die Stimme des hübschen Gundchens dazwischen, so war es doch nur in einem geistlichen Liede; sie hatte sich jetzt alle weltlichen Gedanken aus dem Kopfe geschlagen.

So rückte der Abend heran und mit ihm fand sich auch die Gesellschaft des Burgherren ein, die von der Jagd zurückkehrte, von Hörnerschall und Hundegebell begleitet. Nie war die Jagd noch so wild und grausam gewesen, wie heute; Hirsche und Hindinnen, Rehböcke und Geißen waren zusammengeschossen und die Felder der Bauern schonungslos zertreten worden. Manche Leute glaubten, beim Anblick des zurückkommenden Zuges, es gehe schon jetzt nicht mehr mit rechten Dingen zu, denn man zählte diesmal eine doppelt größere Meute von Hunden, als die Herren sonst mit sich zu führen pflegten, sogar auch wilde Thiere, wie z. B. Löwen und Tieger, wollte man darunter bemerkt haben. Da nun die Ritter ihre Jagdlust befriedigt hatten, setzten sie sich im Schlosse zum Gelage nieder, und nun wurde gesotten und gebraten und aufgetragen, was nur Küche und Keller vermochten und auf den Tischen Platz hatte. Spielleute wurden herbeigeschafft, nichtwürdiges Gesindel, das sich auf allen Jahrmärkten herumtrieb, manchen Burschen in’s Sündengarn hineinlockte und manches Mädchen verführte. Da war großer Jubel in der ganzen Burg; nicht nur die Herren zechten übermäßig und trieben mit Buhldirnen ihr Spiel, sondern auch die Knappen und Knechte folgten ihrem Beispiele. Darum ward es auch Niemand von der Gesellschaft gewahr, daß das Gewitter vom Rheine her immer näher und naher heranzog. Von Stunde zu Stunde wurde das Toben und Lärmen im Schlosse frecher und wilder; kein Scherz blieb zur Aufheiterung der Gäste unversucht. Besonders aber erregte es großes Gelächter, als der

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)