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Und verschlang den letzten Lachs.
Schlau an Meisters Seite rückt er,

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Und den Kellerschlüssel drückt er

In gestohlnes Kirchenwachs.

Sanft entschlafen liegen Alle;
Erst beim Morgenhoraschalle
Reißt von ihrem Blick der Flor.

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Taumelnd durch der Kirche Hallen

Die ehrwürd’gen Väter wallen.
„Miserere!“ hallt’s vom Chor.

*     *     *

Edler Labehort im Keller!
Wunderfaß voll Muskateller,

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Glücklich, wer dir je genaht!

Aber selig, wem voll Wonnen
Täglich strömt dein Zauberbronnen,
Wer zu dir den Schlüssel hat!

Sel’ger, bodenloser Bruder!

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Wie viel Ohme, wie viel Fuder

Floßen deinem Durste da!
Nächtlich, wenn die Mönchlein schnarchen,
Sitzt er vor der Weines-Archen,
Liegt er da in Gloria.

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Einstens wieder nach der Mette,

Während Alle schon zu Bette,
Schleicht zum Faß er unverweilt.
Aber ach! zur Qual dem Kunden,
War der Hahnen draus verschwunden,

60
Und ein Zapfen eingekeilt.


Welch ein Seufzen, welch ein Bangen!
Ach! wie brennt er vor Verlangen –
Sieh da, eine Leiter winkt.
Stracks erklimmt er ihre Sprossen,

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Find’t das Spundloch unverschlossen,

Drinn der Feuernektar blinkt.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_088.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)