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„Halten wir denn noch einmal zwischen Gotha und Fröttstedt?“

„O bewahre,“ sagte der Gymnasiast – das ist Fröttstedt.“

„Station Fröttstedt!“ rief in dem Moment der Schaffner und riß die Thür auf – „rasch, wer hier aussteigt, es geht gleich weiter.“

„Herr Gott, mein Rock ist eingeklemmt!“ stöhnte der kleine Mann, während der leichtfüßige Gymnasiast aus der Thür sprang und riß dabei an seinem Nanking-Röckchen, das allerdings ganz fest und sicher von der Thür neben der er bis jetzt gesessen, gefaßt war, so daß er vergebens suchte den gehaltenen Zipfel mit Gewalt herauszuziehen.

„Ab!“ commandirte draußen der Oberschaffner.

„Schaffner! Herr Schaffner!“ schrie der Kleine in Todesangst, „machen Sie einmal hier die Thür auf.“

„Aber Donnerwetter, hier steigen Sie ja aus! Machen Sie doch, daß Sie herauskommen.“

„Ich kann ja nicht! ich sitze ja fest – machen Sie doch diese Thür auf.“

„Ja das kann ich nicht!“ rief der Unerbittliche und schlug die Thür zu – wieder der ominöse Pfiff und die Wagen thaten einen Ruck.

„Ich muß hinaus!“ schrie aber der Kleine und suchte in der Tasche nach seinem Messer – in drei Taschen fand er es nicht – in der vierten stak es – der Zug kam in Bewegung – mit zitternder Hand hatte er es geöffnet – ritsch – ratsch schnitt er erbarmungslos den Nanking durch, um lieber mit dem verunstalteten Kleidungsstück als gar nicht vor seiner Braut zu erscheinen – und stürzte nach der Thür.

Zu spät! Unglückseliges Wort.

„Julie – Herr Oberbaurath!“ schrie er verzweiflungsvoll aus dem Wagen hinaus.

„Aber Herr Assessor, wo wollen Sie denn hin?“ Unten auf dem Perron stand die ganze Gesellschaft im Festanzug und sah dem unglücklichen Bräutigam nach, den ihnen ein höhnisches Geschick kaum gezeigt, wieder entführte.

„Halt! ich muß hinaus!“ schrie in einem letzten Akt der Verzweiflung der unglückselige Assessor in Nanking. – Armer Mann, weshalb machtest Du eine Vergnügungstour in einem Schnellzug, der weder Zögern noch Erbarmen, sondern nur Stunden und Minuten kennt. – – Acht Minuten versäumt – wie könnte die ein brechendes Assessorenherz aufwiegen. Vorwärts braust der Zug – ein starker schriller Pfiff – draußen vorbei fliegt

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Friedrich Gerstäcker: Auf der Eisenbahn. Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Auf_der_Eisenbahn-Gerstaecker-1865.djvu/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)