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Ich selbst habe nur einmal Gelegenheit gehabt, an meinen Bienen im Gouvernement Smolensk diese Meloëlarven zu beobachten. Im Jahre 1861 vom 5. Juni neuen Styls an bemerkte ich die Arbeitsbienen meiner neun Stöcke, welche im Porjetscher Kreise auf einer Haidefläche standen, an der sogenannten Toll- oder Maikrankheit befallen. Einzelne Bienen stürzten aus den Stöcken, fielen vor dieselben hin und drehten sich von Schmerzen geplagt, auf dem Boden im Kreise herum, ohne wieder aufzufliegen, starben jedoch nicht gleich, sondern blieben vor den Stöcken über Nacht liegen und verendeten erst den folgenden Tag. Auch viele von der Tracht zurückkehrenden Bienen fielen ermattet und starben unter convulsivischen Bewegungen. Nachdem ich einige von den Bienen aufhob und genauer betrachtete, fand ich, wie oben geschildert, in jeder Biene einige, in manchen sogar bis achtzehn Meloëlarven zwischen die Bauchringe, in einigen Ringen sogar zwei Larven eingedrungen. Von Tag zu Tag mehrten sich die Todesfälle der Bienen, so dass vor einzelnen Stöcken den Tag über bis 200 Bienen todt oder krank lagen. Bis zum 15. Juni hielten die Sterbefälle gleichen Schritt, von da an nahm das Sterben allmählich immer mehr ab und hörte den 2. Juli ganz auf. Königinnen wurden von den Meloëlarven, wie das bei Köpf geschah, nicht belästigt, wohl aber viele Drohnen, auf die sie jedenfalls von den Arbeitsbienen hinübergingen und die auch starben. Ebenso gingen sie auf die jungen und sogar ganz jungen, eben erst aus den Brutzellen herausgekrochenen Bienen von den Trachtbienen, welche die Larven in den Stock importirten, über und verursachten diesen den Tod. Im Innern des Stockes auf dem Boden befanden sich ebenfalls viele todte und sterbende Bienen. Die Meloëlarven hatten sie meist verlassen und hielten sich versteckt im Gemüll, andere waren im Stock zerstreut, die meisten drangen aber durchs Flugloch und besonders durch die Spalten des Stockes aus diesen wieder heraus.

Von den Trachtbienen starben meist blos diejenigen, welche Honig einsammelten, weniger von denen, die mit Pollen ankamen. Dies rührte daher, weil die Larven von Meloë variegatus in meiner Gegend vorzüglich auf Ajuga genevensis anzutreffen waren und die Honig einsammelnden Bienen die Blüthen dieser Pflanze in jenem Jahre sehr viel besuchten, was sonst eigentlich nur selten geschieht, da die Nectarien bei Ajuga tief liegen und der Rüssel unserer Honigbienen im Verhältniss zu vielen anderen Bienen kurz ist. Von welchen Pflanzen die polleneinsammelnden Bienen die Meloëlarven mitbrachten, konnte ich mit Gewissheit nicht ermitteln, da die Meloëlarven auf den verschiedensten Blüthen anzutreffen sind und ebenso auch die Bienen von sehr verschiedenen Blüthen Pollen einsammeln. Doch glaube ich, dass die Bienen die Larven von Fragaria collina, von welcher Pflanze sie Blüthenstaub einsammelten und von welcher ich mehrere Larven von Meloë variegatus abkötscherte, herholten.

Die durch diese Meloëlarven verursachten Krankheits- und Sterbefälle

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Assmuss: Die Parasiten der Honigbiene und die durch dieselben bedingten Krankheiten dieses Insects. Ernst Schotte & Co., Berlin 1865, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Assmuss_parasiten_022.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)