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heroischen Sklaven. Der großmüthige und berühmteste König Cophetua warf ein Auge auf die gefährliche und unbezweifelte Bettlerin Zenelophon, er wars der mit Recht sagen konnte: veni, vidi, vici, das heißt, in die gemeine Sprache aufgelöst (o höchst niedrige und gemeine Sprache) er kam, sahe und überwand, er kam, eins, sah, zwey, überwand, drey. Wer kam, der König, warum kam er, zu sehen, warum sah er, zu überwinden, zu wem kam er, zur Bettlerin, was sah er, die Bettlerin, wen überwand er, die Bettlerin. Die Conclusion ist Sieg, auf wessen Seite, auf der Bettlerin, die Sklaverey ist beglückt, auf wessen Seite, auf des Königs, die Catastrophe ist eine Hochzeit, auf wessen Seite, auf der Bettlerin, nein! auf beyden Seiten zugleich. Ich bin der König (so verlangt er das Gleichniß) du bist die Bettlerin, (so verlangt es deine Liebenswürdigkeit.) Soll ich deiner Zärtlichkeit befehlen. Fast möchte ich. Soll ich sie zwingen? ich könnte es. Soll ich sie zu erwerben suchen? ich will. Was wirst du für deine Lumpen eintauschen? Kleider, für deinen Namen? Titel, für dich selbst? mich. Also – also in Erwartung deiner Antwort profanire ich meine Lippen an deinen Füssen, meine Augen an deinem holdseligen Gesichte und mein Herz an alle deinen Gliedmassen.

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Jakob Michael Reinhold Lenz: Anmerkungen übers Theater. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anmerkungen_%C3%BCbers_Theater.pdf/95&oldid=- (Version vom 31.7.2018)