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sollen.“ „Da wo sie ihn nicht sehen können, hören sie ihn doch deutlich.“ Gegen Schmidts Andeutung von Exners „interessierten Absichten“, schreibt dieser: „Aus meinen von Anfang her be­zeigten Äußerungen, mich nicht in den Kreuzkirchenbau zu mengen, ferner aus Gegenhaltung der Risse und obigen Anmerkungen mag man urteilen, ob ich aus untertänigem Gehorsam gegen den höchsten Befehl und aus Schuldigkeit gegen das Publikum und den Wohlstand mich einer solchen Arbeit unter­ziehen müssen.“

Zu Schmidts Lebenslauf bemerkt Exner: „Ich hege gegen den Baumeister Schmidt alle ge­ziemende Bescheidenheit und lasse es in seinen Wert gestellt sein, wie er die bei Bähr gehabte Gelegen­heit sich zu üben genutzet, wie fleißig und applicable er sich bei der Frauenkirche damals als ein An­fänger bezeiget und ob er zu der Zeit nach seinem geringen Alter die behörige Attention gehabt, ingleichen was er bei verschiedenen Kirchen geleistet, wo er bloß als Zimmermeister gebraucht worden, niemalen aber in voriger Zeit als Baumeister einige Direktion über die Kirche gehabt.“ „Alles dies ist noch bei weitem kein zureichender Beweis von der Unfehlbarkeit seiner Entwürfe bei einem so wichtigen Bau als die Kreuzkirche ist. Meinen Gedanken nach wäre es wohl gehandelt gewesen, wenn er sich die guten Gedanken dieses oder jenes Bauverständigen zunutze gemacht, das Werk mit mehr Vorsicht und Überlegung unternommen und nicht auf seiner eigenen Kaprize allein bestanden hätte.“ Bezüglich der Kosten heißt es: „Der Schmidtsche Grund kostet auch Geld, der Mehraufwand ist keiner besonderen Betrachtung würdig.“ Die weit höheren Kosten für Reparatur des alten Turmes seien weggeworfen, jetzt wolle man Beschwerde führen gegen den Aufwand des neuen Werkes. Der Mehraufwand seines Projektes sei lediglich wegen der Festigkeit erforderlich und nicht so hoch, als man angeben wolle. „Es läßt sich bei einem solchen Bau auf andere Art Menage machen, niemals ein zuverlässiger Anschlag.“

Bei Exners Begründung der Pfeilerstärke lag sein Irrtum auch für den damaligen Beurteiler in der Annahme, die Pfeiler der Hofkirche seien nicht zu stark, sondern a proportione. Den Beweis dafür blieb er schuldig. Ob mit oder ohne Absicht, vermied er auch späterhin eine klare Trennung zwischen den richtigen Proportionen in statischer und in ästhetischer Hinsicht. Schon die Unterschiede in den Verhältnissen zwischen Bogenweite und Schaftstärke je nach der gewählten Säulenordnung, die Unabhängigkeit dieser Verhältnisse von der Art der Belastung, der Höhe der Attiquemauer, von der Art der Raumüberdeckung mußten ihm lehren, daß die angeblich antiken Proportionen mit den Zulässigkeitswerten für statische Beanspruchung nichts zu tun haben. Der Schnitt, auf den sich Exner hier bezog, war erst nach der Kritik Schmidts angefertigt. Dessen Einwände konnten also berücksichtigt sein und waren es auch. Während Exner bei Erläuterung seiner Konzeptskizze die angeblich zu niedrige Lage der Betstuben tadelte, legte er in seinen späteren Schnitten deren Fußboden sogar noch niedriger als Schmidt. Die persönlichen Angaben über Schmidt waren nicht nur gehässig, sondern wider besseres Wissen. Im ganzen konnten die Randbemerkungen auf einen kritiklosen, Exner wohlwollenden Beurteiler leicht den Eindruck erwecken, daß der oberste Zivilbaubeamte des Staates im vollen Rechte sei gegenüber Anwürfen eines unwissenden und unbescheidenen Ratsgewerken. Exner hatte sich durch diese „Verantwortung“ das volle Vertrauen des Regenten und des Kabinettssekretärs gesichert.

Die Entschließungen Prinz Xavers.

Für Prinz Xaver war durch Anrufung der Oberbaukommission die Entscheidung nur wenig leichter, das Aktenmaterial aber bedeutend umfangreicher geworden. Um zu einem Urteil zu kommen, verhandelte er mit Exner persönlich. Im ersten Verfügungskonzept schlug Ferber vor, „um alles Wegreißens überhoben zu bleiben“, solle an Stelle der Attique mit dem Steingewölbe ein gebrochenes Dach zur Ausführung kommen, aber nicht nach dem von der Oberbaukommission eingereichten Plane Exners, sondern mit einer Veränderung der Dachfenster[1]. Der Ferbersche Vorschlag beruhte auf einem Vortrag Exners über die Möglichkeit der Ausführung einer Stuckdecke (Holzgewölbe) und Mansarddach

und gründete sich auf die „dem Oberlandbaumeister zu erkennen gegebene Intention“. Doch fand


  1. Diese Veränderung wird später als Mezzanine bezeichnet und mit Exners Plänen noch zu besprechen sein.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/99&oldid=- (Version vom 15.4.2024)