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überhaupt auch dem Oberlandbaumeister bestermaßen an die Hand gehet“. Noch ehe dies Schreiben eintraf, verlangte Exner von Bormann die Ablohnung der bisherigen Maurer und Stein­metzen. Der Rat beschloß jedoch, die Maurer beizubehalten bis zum Eintreffen des Reskripts.

Ende Mai fand dann in Gegenwart Exners eine Ratssitzung statt. „Der Stadtsyndikus gibt ihm zu erkennen, wie der Rat als Patronus mit untertänigstem Dank veneriere, daß Prinz Xaver ihm die Aufsicht und ,Direktion‘ des Baues, soweit solche, auf Tüchtigkeit und Dauer, angehe, über­tragen habe. Exner rühmt die Gnade Xavers, so selbiger auch ihm hierdurch erzeigt, erkennt den Senat als Patron und als Bauherrn an und daß nichts ohne dessen Vorbewußt und Genehmigung gebaut werde.“ Als Werkmeister wolle er den Hofmaurermeister Christian Bormann und den Generalaccisbaudirektor Locke anstellen. Auf Protest eines Senators gegen den Ausschluß der Ratsgewerken „will Exner diese beibehalten zur Aushebung und Ausmauerung des (Turm-) Grundes, jedoch mit der Bedingung, daß sie unter seiner Direktion und Anordnung stehen müßten, ingleichen Eigenwillig, in welchem der Senat einen geschickten und treuen, auch fleißigen Mann erwählet hätte, der auch geschickte Maurer habe. In der Folge aber, wenn der Grund heraus, könnten mehrere Maurermeister admittiert werden.“ Wegen des höheren Lohnes wurde Entscheidung ausgesetzt bis zur Abgabe von Exners Bericht über das Ausgeführte (speziell über die Pfeiler). Vorläufig sollten nur Steine gespitzt werden.

Die Forderung Exners, Locke und Bormann zuzuziehen, an der Exner auch weiterhin zähe festhielt, erklärt sich aus seinem Mißtrauen gegen die Ratsgewerken, als welche seit Baubeginn Spieß und Maurer tätig waren. Diese hielten natürlich treu zu Schmidt, der auch sonst, so beim Annenkirchen- und Gewandhausbau, ihr Auftraggeber war. Die Hofgewerken dagegen führten die Arbeit an den Staatsbauten aus, waren dadurch von Exner abhängig, ihm ergeben. Locke und Bormann waren im Dienste fürs Bauamt ergraut. Da der Hoflohn höher war, mochten ihre Arbeitsleute wohl tatsächlich leistungsfähiger sein. Die Gewerken standen zum Bauleiter in einem anderen Verhältnis als etwa heute, sie waren nicht selbständige Geschäftsleute, sondern eine Art Untergebene. Es wurde nur Arbeit, nicht auch das Material von ihnen geliefert, und nicht im Akkord (wie es bei der Frauenkirche zum pekuniären Nachteil Bährs geschehen war), sondern in Regie. Die gezahlten Stundenlöhne wurden dem Meister mit einem Aufschlag für ihre Werkzeuge und eigene Mühe zurückvergütet. Sie trugen dabei keinerlei Risiko. Möglicherweise waren für die Heranziehung von Locke und Bormann auch persönliche Gründe mit maßgebend. Locke war anfangs selbst mit Gutachten und Plänen für die Kreuzkirche beauftragt gewesen, doch war ihm Schmidt vorgezogen worden. Ob der Hofmaurermeister etwa mit dem Bürgermeister Bormann verwandt war, ließ sich nicht feststellen.[1]

Exners Bericht an den Rat über die Mängel am Vorhandenen mit den Vorschlägen zur Ab­stellung beginnt wieder mit einer guten Sentenz: „Wenn der Bau nach den Regeln der Baukunst, so die Tüchtigkeit, Dauer und Schönheit voraussetzen, geführt werden soll, so ists nötig, gleich anfangs das ganze Werk zu überdenken und richtige Profile (Schnitte) zu machen, woraus auch derjenige, der nur etwas Weniges von der Baukunst versteht, die Proportion und Stärke und Schwere der Last gegen ihre Stütze beurteilen kann.“ Er habe sich „aufgetragener Maßen bisher nur um das Äußere gekümmert und meine Zeichnungen fanden bei der Beurteilung höchsten Beifall“. Er habe sich „in das Werk selbst einzulassen nicht gemeint oder vermutet“, wie auch der Bericht des Rates (bei der Turmkonkurrenz) hohen Ortes selbst bezeuge, daß er sich „die Fertigung des Risses (ein für) allemahl verbeten“. Ebenso habe er „keine Zeit gehabt, ganz neue Profile zu fertigen und sich nicht über das bereits Ausgeführte hinlänglich informiert“.


  1. Nach einer Notiz bei Hasche stammt der Bürgermeister Christoph B. aus Höckendorf. Das Kirchspiel ist seit alters der Sitz einer ausgebreiteten Familie dieses Namens, über die Pfarrer Wiedemann in den „Nachrichten“ über die Kirchgemeinde 1902 berichtet. Die Mitglieder der Familie gehören zu einem ziemlichen Teile dem Maurer­gewerbe an, mehrere finden wir in kurfürstlichen Diensten, darunter den Hofmaurermeister Christian B., geb. 1706, Schwiegersohn seines Vorgängers S. G. B. Der Bürgermeister B. ist den Kirchbüchern nach nicht in Höckendorf geboren, ebensowenig der genannte S. G. B. Nähere verwandtschaftliche Beziehungen, z. B. geschwisterliche zwischen den beiden Dresdnern Christoph und S. G. B. sind nicht ausgeschlossen, sogar wahrscheinlich.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/93&oldid=- (Version vom 10.4.2024)